Einzelfallentscheidung: Zirkusartisten sind freie Mitarbeiter, BAG 11.08.2015 – 9 AZR 98/14

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Einsatz einer Gruppe von Zirkusartisten ein Dienstvertragsverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis darstellt. Während die Zirkusartisten von der Begründung eines Arbeitsverhältnisses und der Pflicht des Arbeitsgebers zur Sozialversicherungsmeldung ausgingen, nahm der Zirkus ein freies Dienstvertragsverhältnis ohne Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen an.

Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine Artistengruppe führte eine „Hochseil- und Todesradnummer“ in einem Zirkus auf. Mit dem Zirkus schloss die Gruppe einen „Vertrag über freie Mitarbeit“. Nachdem ein Mitglied der Artistengrupe während der Premiere verunglückte, stellte sich heraus, dass das Zirkusunternehmen die Gruppe nicht krankenversichert hatte. Daraufhin weigerte sich die Artistengruppe weiter aufzutreten. Das Zirkusunternehmen kündigte das Vertragsverhältnis fristlos. Die Artistengruppe klagte gegen diese Kündigung vor dem Arbeitsgericht.

In erster Instanz wurde die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand. Die zweite Instanz nahm das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses an. Der Zirkusunternehmer hätte die Gruppe nach dieser Entscheidung zur Sozialversicherung anmelden und damit auch krankenversichern müssen. Das Bundesarbeitsgericht hingegen folgte der Entscheidung der ersten Instanz und verneinte ein Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung kommt es bei der Entscheidung, ob ein Dienst- bzw. Werkvertrag oder Arbeitsverhältnis vorliegt, weder auf die Vertragsbezeichnung noch auf die gewünschte Rechtsfolge der Parteien an. Allein die tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls sind entscheidend. Merkmale, die für ein Arbeitsverhältnis sprechen, sind vor allem die persönliche Abhängigkeit und die Weisungsgebundenheit. Beides konnte das Bundesarbeitsgericht im vorliegenden Fall nicht feststellen, auch war das charakteristische Weisungsrecht in dem Dienstvertrag nicht vorgesehen. Im Ergebnis wurde die Kündigungsschutzklage vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen, da das Gericht das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nicht für gegeben sah.

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