Zulässiger Inhalt von umweltbezogenen Werbeaussagen: Entwurf der „Green Claims“-Richtlinie der EU

Die Europäische Kommission hat den Entwurf einer Richtlinie zur EU-weiten Regulierung von umweltbezogenen Werbeaussagen veröffentlicht. In Deutschland sind solche „Green Claims“ bzw. „Greenwashing“-Vorwürfe derzeit vielfach Gegenstand von Gerichtsverfahren, wobei sich aktuell noch eine einheitliche Linie der Rechtsprechung entwickelt. Der Richtlinienentwurf der EU geht dabei über die bisherigen Anforderungen weit hinaus und könnte zur Rechtswidrigkeit einer Vielzahl derzeitiger Werbeaussagen sowie Nachhaltigkeitssiegeln führen.

Aktuelle Situation in Deutschland

In Deutschland bestimmen sich die zulässigen Inhalte umweltbezogener Werbung derzeit überwiegend nach den allgemeinen Anforderungen des sog. Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Höchstrichterliche Rechtsprechung existiert hierzu bislang nicht, jedoch eine Vielzahl teils kleinteilig ausdifferenzierter Maßgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung. Über drei jüngere Urteile hatte VOELKER erst kürzlich berichtet: Hier hatten die Gerichte darüber zu entscheiden, unter welchen konkreten Voraussetzungen Unternehmen mit dem Begriff „klimaneutral“ werben dürfen und wann eine Aufklärung von Verbrauchern – etwa über die Kriterien der Bewertung als klimaneutral oder die verwendeten Siegel und Zertifikate – stattfinden müsse.

Geplante Änderungen durch EU-Richtlinien-Entwurf

Der Richtlinien-Entwurf der EU-Kommission geht nun deutlich über diese Anforderungen hinaus. Die wohl wichtigste Regelung darin sieht vor, dass umweltbezogene Werbeaussagen vor der Verwendung durch eine unabhängige Prüfstelle auf Konformität mit der Richtlinie überprüft, genehmigt und zertifiziert werden müssen. Weitgehend ausgenommen sind hiervon lediglich Kleinstunternehmen mit < 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von max. 2 Mio. EUR. Nach bisheriger Rechtslage werden Werbeaussagen notwendigenfalls nach Verwendung (ggf. gerichtlich) überprüft, nicht jedoch präventiv.

Grundsätzlich soll nach der Richtlinie eine Werbung mit Umweltaussagen insbesondere nur dann zulässig und zertifizierbar sein, wenn:

  • Eine Begründung nebst (wissenschaftlichen) Nachweisen für Umweltaussagen durch das Unternehmen durchgeführt worden ist und die Informationen zur Begründung der Umweltauswirkungen etwa über einen Beipackzettel, Hyperlink oder QR-Coder beigefügt sind
  • Die beworbenen Eigenschaften nicht lediglich auf gesetzliche Anforderungen zurückzuführen sind.
  • Nicht lediglich eine pauschale Umweltaussagen getroffen werden.
  • Und notwendigenfalls für die Verringerung von Umweltauswirkungen notwendige Verwendungsinformationen vorhanden sind.

Daneben existieren weitere detaillierte Anforderungen. Kernstück des Entwurfs ist dabei die vorgesehene Begründungspflicht für Unternehmen. Hierzu regelt der Entwurf kleinteilig, dass überhaupt nur solche Aussagen getroffen werden können, bei denen sichergestellt ist, dass die Aussagen (auch für den Lebenszyklus) nachweislich zutreffend sind, wobei dies turnusmäßig hinsichtlich etwaiger Veränderungen zu überprüfen ist. Für viele Unternehmen dürften diese Anforderungen nur schwer, kostenintensiv und voraussichtlich nur unter Zuhilfenahme externer Dienstleister zu erfüllen sein.

Werbung mit Umweltsiegeln und -Zertifikaten

Ferner sieht der Richtlinien-Entwurf zusätzliche Anforderungen hinsichtlich Umweltsiegeln, -zeichen und -zertifikaten vor. „Eigenzertifizierungen“ durch die Unternehmen selbst sind demnach zukünftig unzulässig. Die Anzahl solcher Umweltzeichen soll insgesamt abseits öffentlicher Systeme begrenzt und nur dann gestattet werden, wenn die Zeichen einen besonderen Mehrwert bieten und hierüber transparent informieren.

Ausblick

Der Entwurf befindet sich nun in Abstimmung der Gesetzgebungsorgane. Eine Verabschiedung scheint bereits 2024 angedacht. Es mögen sich daher noch Änderungen ergeben. Sollte die Richtlinie wie geplant verabschiedet werden, bedarf es zusätzlich eines Umsetzungsgesetzes durch den nationalen, deutschen Gesetzgeber.

Zusammenfassung

  • Der derzeitige Entwurf der „Green Claims“-Richtlinie der Europäischen Kommission sieht weitgehende Verschärfungen der Anforderungen an umweltbezogenen Werbeaussagen. Bisher häufig verwendete umweltbezogenen Werbeaussagen sowie Umweltsiegel würden sich demnach weitestgehend als rechtswidrig erweisen.
  • Zukünftig wäre vor Verwendung einer Umweltaussage eine Überprüfung, Genehmigung und Zertifizierung der Aussage auf Richtlinienkonformität nebst zugehörigen Nachweisen bei einer unabhängigen Prüfstelle erforderlich.
  • Der Richtlinie ist indes noch nicht verabschiedet, sodass sich noch Änderungen ergeben mögen. Auch nach Verabschiedung bedarf es noch eines nationalen Gesetzgebungsaktes zur Umsetzung. Bei der langfristigen Planung von Werbemaßnahmen und Umweltzertifizierungen sollte die geplanten Änderungen jedoch bereits antizipiert werden, da sich diese ansonsten zukünftig als rechtswidrig erweisen könnten.
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