Vor- und Nacherbschaft
Bei Eintritt des Erbfalls wird zunächst der sog. Vorerbe Erbe. Der Nacherbe wird erst dann Erbe wenn die Vorerbschaft endet (§2100 ff.). Demnach sind Vor- und Nacherbe zeitlich nacheinander Rechtsnachfolger des Erblassers. Soweit nichts anderes im Testament geregelt ist (soweit also nicht zum Beispiel auf den Zeitpunkt einer Wiederverheiratung abgestellt wird), erfolgt der Übergang der Vor- und Nacherbschaft mit dem Tod des Vorerbens. Motiv der Anordnung einer sog. Vor- und Nacherbschaft ist häufig, dass der Vorerbe lediglich für einen bestimmten Zeitraum oder ggfs. zeitlebens von dem Erbe profitieren soll. Nach dem Tod des Vorerben soll das Vermögen dann an einen anderen – den Nacherben – fallen. Die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft ist ein häufiges Gestaltungsinstrument in sog. Patchwork- oder Geschiedenenkonstellationen. Gebräuchlich ist sie außerdem in sog. Behindertentestamenten.
Wollen alle Miterben aus der Erbengemeinschaft ausscheiden, kann ein Auseinandersetzungsvertrag geschlossen werden. Wenn in den Nachlass bspw. eine Immobilie fällt, ist der Gang zum Notar notwendig. Wenn gewünscht, kann zunächst auch nur ein Teilerbauseinandersetzungsvertrag, bspw. über vorhandene Bar-/Bankmittel geschlossen und das Geld unter den Miterben entsprechend ihrer Erbquoten geteilt werden. Auch für einen (Teil-)Auseinandersetzungsvertrag ist jedoch eine Einigung unter den Miterben erforderlich.
Im Rahmen der Vorerbschaft unterliegt der Vorerbe bestimmten Pflichten und auch Einschränkungen. Diese dienen dem Schutz des Nacherben. In der Regel darf der Vorerbe nicht auf die Substanz der Erbschaft sondern lediglich auf deren Erträge zugreifen. Zudem ist der Vorerbe in seiner Verfügungsmacht beschränkt, beispielsweise kann er nicht ohne Zustimmung des Nacherben wirksam über Grundstücke verfügen (§2113 Abs. 1 BGB). Zudem darf er keine Nachlassgegenstände verschenken. Auf Wunsch des Nacherben ist der Vorerbe verpflichtet, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen.
Welcher Weg der zielführende ist, ist immer eine Frage des Einzelfalls und hängt insbesondere davon ab, ob sich sämtliche Miterben einig sind oder nicht.
Der Erblasser kann den Vorerben allerdings von einigen der oben aufgeführten Beschränkungen und Verpflichtungen befreien. Es handelt sich dann um eine sog. „befreite Vorerbschaft“. Der Erblasser kann bspw. anordnen dass der Vorerbe auf die Vermögenssubstanz zugreifen darf. Weiter kann er von dem Veräußerungsverbot für Immobilien befreien. Bestimmte Beschränkungen und Verpflichtungen sind allerdings von Gesetzeswegen vorgeschrieben und können nicht abbedungen werden.
Zu beachten ist bei der Anordnung von Vor- und Nacherbschaft, dass die Erbmasse zweimal vererbt wird. In der Folge fällt auch die Erbschaftssteuer zweimal an. Dabei wird das Vermögen in der Regel als vom Vorerben stammend versteuert. Auf Antrag ist das Verhältnis vom Nacherben zum Erblasser maßgeblich.
Die vorstehende Erläuterung soll einen ersten Überblick zum Thema Vor- und Nacherbschaft geben. Sie vermag eine Beratung im Einzelfall nicht zu ersetzen.
Sollten Sie konkrete Fragen haben oder eine Einschätzung zu Ihrem Fall wünschen, stehen wir jederzeit gerne für ein erstes Beratungsgespräch zur Verfügung. Die Kosten einer solchen Beratung belaufen sich auf maximal 190 EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Wie lange das Gespräch dauert und wie groß Ihr Vermögen/Ihr Anspruch ist, spielt hierbei keine Rolle.
Stand: 16.10.2023