Besonderheiten beim Export von Medizinprodukten

Medizinprodukte müssen innerhalb Europas kein behördliches Zulassungsverfahren durchlaufen, um verkauft werden zu dürfen. Erforderlich ist allein ein Konformitätsbewertungsverfahren, bei dem der Hersteller selbst die Sicherheit seines Produktes sowie die Erfüllung der von ihm beschriebenen technischen und medizinischen Leistungen nachweist. Dies erfolgt in klinischen Bewertungen, in bestimmten Fällen auch in eigenen klinischen Prüfungen. Am Ende des Verfahrens erfolgt eine CE-Kennzeichnung. Medizinprodukte, die rechtmäßig eine CE-Kennzeichnung tragen, sind sodann innerhalb Deutschlands und der gesamten Union verkehrsfähig und dürfen entsprechend exportiert werden.

Für Medizinproduktehersteller sind jedoch nicht allein Exportmärkte innerhalb Europas, sondern in der ganzen Welt von Interesse. Dies gilt nicht erst in Zeiten einer weltweiten Pandemie. Für Exporte außerhalb Europas gelten die vorstehend genannten Voraussetzungen für ein rechtmäßiges Inverkehrbringen indes ausdrücklich nicht. Im Gegenteil: Es gelten stets die jeweiligen gesetzlichen Regelungen des Bestimmungslandes. Diese Bestimmungen sind vor jedem Export unter Berücksichtigung des Einzelfalls zu prüfen.

Das Medizinproduktrecht kennt Regelungen, welche den Export außerhalb Europas umfasst. Demnach können Hersteller oder Bevollmächtigte von Medizinprodukten nach § 34 MPG bzw. nach § 10 MPDG eine sogenannte „Ausfuhrbescheinigung“ erhalten. Die Bescheinigung bestätigt die Verkehrsfähigkeit des Medizinproduktes in Deutschland. Sie wird von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Landesebene allein auf Antrag ausgestellt. Trotz des nach dem MPG grundsätzlich nicht existierenden behördlichen Prüfverfahrens, trifft die Bescheinigung also eine Aussage über die Verkehrsfähigkeit des Medizinproduktes und bestätigt das Einhalten des Medizinproduktegesetzes sowie den zugrunde liegenden europäischen Richtlinien. Dabei gilt es zu beachten, dass eine solche Ausfuhrbescheinigung für eine zulässige Ausfuhr nicht zwingend erforderlich ist. Ob die Ausfuhrbescheinigung erforderlich ist, richtet sich vielmehr nach den gesetzlichen Regelungen des jeweiligen Bestimmungslandes. Eine Prüfung dazu wird von der ausstellenden Landesbehörde indes nicht vorgenommen und muss eigenständig erfolgen. Aufgrund der internationalen Wertschätzung für deutsche und europäische Medizinprodukte, erfreut sich die von einer deutschen Behörde ausgestellte Ausfuhrgenehmigung immer größerer internationaler Beliebtheit. Es empfiehlt sich daher, nicht zuletzt auch aus Gründen der gesteigerten Wertschätzung des Produktes nach Erhalt der behördlichen Bestätigung, aus Sicht der Medizinproduktehersteller oftmals die behördliche Einbindung. Die Ausfuhrbescheinigung erfüllt daher im besten Fall die gesetzlichen Bestimmungen des außereuropäischen Ziellandes, anderenfalls ist die Bestätigung jedenfalls image- und verkaufsfördernd für die betreffenden Medizinprodukte.

Beim Export von Medizinprodukten ins außereuropäische Ausland ist zudem dann besondere Sorgfalt zugrunde zu legen, wenn dies über Vertriebspartner (insbesondere Zwischenhändler/Weiterverkäufer) erfolgt, welche die Produkte selbst innerhalb Europas ankaufen und sodann einen Verkauf außerhalb Europas „zusichern“. So ist es zwar grundsätzlich zulässig, bestimmende Medizinprodukte „allein für den Export“ herzustellen. Diese müssen auch nicht zwingend den in Deutschland bzw. Europa geltenden gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist jedoch sodann seitens des Herstellers sicherzustellen, dass ein Vertrieb der Produkte – durch den Vertriebspartner – innerhalb Europas faktisch ausgeschlossen ist. Erfolgt eine derartige Sicherstellung nicht, liegt ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor. Der Bundesgerichtshof hat dazu einen gesetzlichen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht bereits in dem Fall angenommen, in welchem ein Medizinproduktehersteller Produkte an einen Zwischenhändler allein mit einer (erforderlichen) in französischer Sprache verfassten Gebrauchsanweisung und Etikettierung lieferte. Die Produkte waren für den außereuropäischen Export durch den Zwischenhändler in französischsprachigen Länder bestimmt. Der Zwischenhändler hat den Export auch ausdrücklich zugesichert. Der Bundesgerichtshof hat dennoch einen Wettbewerbsverstoß angenommen, da die Vertragsparteien lediglich aufgrund einer Zusicherung des Zwischenhändlers (Weiterverkäufer) handelten, die Produkte auch tatsächlich in das außereuropäische Ausland zu vertreiben.

In Fällen wie der vorgenannten Konstellation ist daher aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu empfehlen, dass zwischen den Parteien eine ausdrückliche vertragliche Regelung nebst weiterer Sicherungsmaßnahmen, etwa in Gestalt einer Chargenbezeichnung, sicherstellt, dass ein unzulässiges Inverkehrbringen der Produkte in Europa ausscheidet. Medizinproduktehersteller, welche ihre Produkte mittels eines Zwischenhändlers exportieren, sollten daher dringlich die Abrede mit ihrem Vertriebspartner (Zwischenhändler/Weiterverkäufer) auf eine konsistente Sicherstellung des Ausschlusses eines Vertriebs innerhalb Europas überprüfen. Sofern noch nicht erfolgt, sollte eine entsprechende vertragliche Vereinbarung formuliert oder angepasst werden.

Dieser Artikel stammt aus unserer Broschüre „Potenziale MedTech 2021“.

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