EU Digital Services Act

Der Digital Services Act (COM(2020) 825 final, auch „DSA“) wird im deutschsprachigen Raum auch als „Gesetz über digitale Dienste“ bezeichnet. Er wird die bereits rund 20 Jahre alte E-Commerce-Richtlinie der Europäischen Union (Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr) ergänzen und in Teilen aktualisieren. Die E-Commerce-Richtlinie selbst bleibt durch den Digital Services Act jedoch unberührt.

Vermittlungsdienste

Alleiniger Adressat des Digital Services Act sind sog. Vermittlungsdienste – oder in der englischen Sprachfassung sog. intermediary services. Die Definition eines Vermittlungsdienstes ist etwas weiter als es der Wortlaut möglicherweise nahe legt. Ein solcher Dienst liegt vor bei:
  • einer „reinen Durchleitung“, die darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln,
  • einer „Caching“-Leistung, die darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln, wobei eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung dieser Informationen zu dem alleinigen Zweck erfolgt, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten,
  • einer „Hosting“-Leistung, die darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag zu speichern.

Ziel des Digital Services Acts

Erklärtes Ziel des Digital Services Acts ist die „Festlegung einheitlicher Regeln für ein sicheres, vorhersehbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld, in dem die in der [EU-Grundrechte-Charta] verankerten Grundrechte wirksam geschützt sind.“

Sehr große Online-Plattformen

Der Digital Services Act enthält zusätzliche Regelungen für sog. „sehr große Online-Plattformen“, die erst eingreifen, wenn sich die durchschnittliche monatliche Anzahl aktiver Nutzer auf mindestens 45 Mio. Personen beläuft. Es findet damit zumindest im Ansatz eine gewisse Differenzierung nach der Größe der Online-Plattform statt und es ergeben sich folglich gewisse Vereinfachungen für Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Haftungsbeschränkungen

Je nach Einordnung des betreffenden Dienstes sind im Digital Services Act unterschiedliche Anforderungen und auch unterschiedliche Vorgaben für die Haftung geregelt.

Liegt ein Vermittlungsdienst in der Form einer reinen Durchleitung vor, ist im Hinblick auf die übermittelten Informationen eine Haftung ausgeschlossen, wenn

  • der Diensteanbieter die Übermittlung nicht veranlasst,
  • der Diensteanbieter den Adressaten der übermittelten Informationen nicht auswählt und
  • der Diensteanbieter die übermittelten Informationen nicht auswählt oder verändert.
Liegt ein Vermittlungsdienst in der Form einer Caching-Leistung vor, ist im Hinblick auf eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die dem alleinigen Zweck dient, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage hin effizienter zu gestalten, eine Haftung ausgeschlossen, wenn
  • der Diensteanbieter die Informationen nicht verändert,
  • der Diensteanbieter die Bedingungen für den Zugang zu den Informationen beachtet,
  • der Diensteanbieter die Regeln für die Aktualisierung der Informationen, die in weithin anerkannten und verwendeten Branchennormen festgelegt sind, beachtet,
  • der Diensteanbieter nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Informationen, die in weithin anerkannten und verwendeten Branchennormen festgelegt sind, beeinträchtigt, und
  • der Diensteanbieter zügig handelt, um von ihm gespeicherte Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sobald er tatsächliche Kenntnis davon erhält, dass die Informationen am ursprünglichen Ausgangsort der Übermittlung aus dem Netz entfernt wurden oder der Zugang zu ihnen gesperrt wurde oder ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde die Entfernung oder Sperrung angeordnet hat.
Liegt ein Vermittlungsdienst in der Form einer Hosting-Leistung vor, ist im Hinblick auf die gespeicherten Informationen eine Haftung ausgeschlossen, wenn der Diensteanbieter
  • keine tatsächliche Kenntnis von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder illegalen Inhalten hat und sich in Bezug auf Schadensersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder illegale Inhalte offensichtlich werden und
  • sobald er, wenn er eine Kenntnis oder ein Bewusstsein erlangt, zügig tätig wird, um den Zugang zu den illegalen Inhalten zu sperren oder diese zu entfernen.
Neben den Regelungen zur „Enthaftung“ ist erfreulich, dass ausdrücklich keine allgemeine Verpflichtung zur proaktiven Überwachung oder Nachforschung besteht.

Regulatorische Anforderungen

Der Digital Services Act enthält jedoch nicht nur Regelungen, die die Haftung beschränken, sondern auch Verpflichtungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Vermittlungsdienste, also etwa hinsichtlich der Ausgestaltung der Online-Plattformen. Hierzu zählen beispielsweise:
  • Vorgaben für Inhalte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), insbesondere Informationen über alle Richtlinien, Verfahren, Maßnahmen und Werkzeuge, die zur Moderation von Inhalten eingesetzt werden, einschließlich algorithmischer Entscheidungsfindung und menschlicher Überprüfungen;
  • Einrichtung von Kontaktstellen zur direkten, elektronischen Kommunikation mit Behörden;
  • Veröffentlichung jährlicher Transparenzberichte
  • Verbot von sog. „Dark Patterns“;
  • strengere Anforderungen an die Transparenz von Empfehlungssystemen, also insbesondere der algorithmischen Gestaltung der angezeigten Inhalte beispielsweise über eine „Timeline“.
Darüber hinaus bestehen zahlreiche weitere Anforderungen in Abhängigkeit von der Art des Vermittlungsdienstes und der Größe der Online-Plattform. Ferner werden verschiedentliche behördliche Befugnisse und Zuständigkeiten geregelt, einschließlich eines Rechts auf Durchsuchungen vor Ort.

Sanktionen

Verstöße können u. a. mit Bußgeldern bis zu 6 % des Jahresumsatzes des Vermittlungsdienstes sanktioniert werden.


Dieser Beitrag ist Teil des Überblicks über die aktuellen Änderungen anlässlich der EU-Datenstrategie und des New Legislative Frameworks. Es wird um Beachtung gebeten, dass es sich bei dem Gesetzgebungsvorhaben gegenwärtig um einen (allerdings als „final“ gekennzeichneten) Entwurf handelt. Es handelt sich somit noch nicht um geltendes Recht und es können sich noch Änderungen im Gesetzgebungsverfahren ergeben. Allerdings ist es wegen der überschaubaren „Übergangsfristen“ bereits jetzt erforderlich, das kommende Recht „in den Blick“ zu nehmen.

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