Verträge zu OEM / PLM / ODM / EMS / Auftragsfertigungen

Viele Wege führen zu einem fertigen IT-Produkt. Denn nicht immer verfügt man neben der Idee und den maßgeblichen, neuen Ideen für ein „Produktdesign” auch über ein eigenes Werk zur Produktion, den notwendigen Beziehungen zu wichtigen Lieferanten sowie über die Ressourcen für den Vertrieb.

In der Praxis haben sich deshalb verschiedene Arten der Arbeitsteilung und Zusammenarbeit herausgebildet, innerhalb derer – neben anderen – häufig die Begriffe OEM, PLM, ODM und EMS verwendet werden. Die Begriffe sind im deutschen Recht nicht gesetzlich geregelt und werden in der Praxis mit leichten Unterschieden verwendet. Üblich sind die folgenden Verwendungen:

OEM / PLM

Als OEM (Original Equipment Manufacturer) wird – im Zusammenhang mit Auftragsfertigungen – ein Unternehmen verstanden, das ein IT-Produkt nach seinen eigenen Vorstellungen herstellt. Ein anderes Unternehmen, ein PLM (Private Label Manufacturer), kann anschließend z. B. die fertigen Produkte vom OEM beziehen und unter einer eigenen Marke oder Bezeichnung vertreiben, sodass das Produkt als eigenes Produkt des PLM erscheint. Der PLM kann hieran ein Interesse haben, um z. B. sein Produktsortiment für die Endkunden abzurunden, ohne ein neues Produkt entwickeln zu müssen und sich z. B. um die CE-Kennzeichnung sorgen zu müssen. Der OEM kann an der Zusammenarbeit ein Interesse haben, weil er so nicht auch den Vertrieb gestalten muss und sich auf seine Kernkompetenz – die Herstellung – konzentrieren kann. Der OEM kann zudem mit verschiedenen PLM zusammenarbeiten und so möglicherweise größere Produktmengen absetzen, als dies bei einem Vertrieb allein unter der Marke oder Bezeichnung des Herstellers möglich wäre.

Im IT-Bereich wird der OEM-Begriff zudem anderweitig verwendet, nämlich für die Erstausstattung eines Geräts mit einer – meist im Funktionsumfang eingeschränkten – Version einer IT-Komponente sog. „OEM-Version“. Dieser OEM-Begriff bezieht sich somit nicht auf die vorliegend betrachteten Vertragsbeziehungen.

Vertragshändler und Handelsvertreter

Das OEM-PLM-Verhältnis ist von Verträgen abzugrenzen, in denen eine Partei lediglich fertige Produkte eines Herstellers (OEM) z. B. als Vertragshändler oder Handelsvertreter vertreibt – ggf. unter zusätzlichen Vereinbarungen wie einer räumlichen oder zeitlichen Exklusivität oder eines Wettbewerbsverbots.

Der maßgebliche Unterschied zwischen einem PLM und einem Vertragshändler oder Handelsvertreter besteht darin, dass der PLM in der Regel der Inhaber des Zertifikats (z. B. des CE-Zertifikats) ist. Hingegen ist im Falle der Situation eines Vertragshändlers oder Handelsvertreters der Hersteller (OEM) der Inhaber des Zertifikats; der Vertragshändler oder Handelsvertreter vertreibt die fertigen Produkte des Herstellers lediglich.

Ebenso abzugrenzen sind Rahmenlieferverträgen über die Zulieferung von Komponenten an einen Hersteller, aufgrund derer ein Hersteller überhaupt erst das eigentliche Produkt herstellen kann.

ODM

Als ODM (Original Design Manufacturer) wird ein Unternehmen bezeichnet, das zahlreiche Tätigkeiten für einen Auftraggeber durchführt. Im Wesentlichen kann ein Auftraggeber grobe Vorgaben für ein Produkt erstellen und der ODM sorgt sich um den Rest, also die Entwicklung, die Herstellung und auch den Vertrieb. Das Produkt kann mit der Marke oder Bezeichnung des Auftraggebers versehen sein. Die gewerblichen Schutzrechte und ggf. Urheberrechte verbleiben jedoch meist beim ODM, sodass dieser eine vergleichsweise „starke” Stellung erhält.

EMS

Als EMS (Electronic Manufacturer Services) wird die Dienstleistung eines Unternehmens bezeichnet, die dem eines ODM vergleichbar ist. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass der Auftraggeber in der Regel auch Schutzrechtsinhaber ist oder wird. Auch ein Vertrieb erfolgt gewöhnlich nicht über das EMS-Unternehmen, sondern über den Auftraggeber.

Outsourcing

Letztlich erfolgt über verschiedene Vertragskonstellationen – von denen einige im IT-Bereich typische oben dargestellt wurden – ein gewisses Outsourcing von Forschungs- und Entwicklungsleistungen (F&E), von Herstellungsprozessen und auch des Vertriebs.

Vertragsgestaltung

Welche grundlegende Vertragskonstellation im jeweiligen Fall anzuwenden ist, ist eine wichtige Weichenstellung bei der Vertragsgestaltung. Jedoch kommt es ebenso auf die weiteren „Details” des Vertrags an, z. B. auf die Klauseln zur Haftung, zur Hinterlegung / Escrow von Fertigungsunterlagen (einschließlich von Software-Quellcode), zu Gewährleistungen und ggf. Garantien, zur Vertragsdauer, auf Schiedsklauseln sowie auf Klauseln zum anwendbaren Recht und dem Gerichtsstand.

Beispiel: Sieht ein OEM-PLM-Vertrag vor, dass die Gewährleistung lediglich 12 Monate ab Lieferung beträgt, besteht ein erhebliches Risiko. Denn wenn sich die Waren beim PLM zunächst 7 Monate im Lager oder bei Zwischenhändlern befinden und erst anschließend zum Endkunden gelangen, beträgt die eigene Gewährleistungsfrist gegenüber dem OEM lediglich noch 5 Monate. Dem Endkunden steht jedoch – gewöhnlich – eine Gewährleistungsfrist von 24 Monaten gegenüber dem PLM zu. Kommt es daher erst 6 Monate nach dem Verkauf an den Endkunden zu einem Gewährleistungsfall, den letztlich der OEM zu vertreten hat, hat allein der PLM den Schaden, ohne Regressmöglichkeit, zu tragen – dies gilt jedenfalls bei einer rein vertragsrechtlichen Betrachtung. In etwaigen Schadensfällen können sich je nach Schadensfall Möglichkeiten zeigen, doch eine Regressmöglichkeit zu finden. In jedem Fall ist das Haftungsrisiko des PLM im Beispielsfall unnötig hoch. Dem ist durch eine gute Vertragsgestaltung und Vertragsverhandlung vorzubeugen.

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