Wann kann ein Arzt für nicht wahrgenommene oder kurzfristig abgesagte Termine ein Ausfallhonorar verlangen?

Ein allzu leidiges Thema hat der Bundesgerichtshof nun höchstrichterlich entschieden: Eine Praxis kann von dem Patienten, der zu seinem vereinbarten Behandlungstermin nicht erscheint oder diesen kurzfristig absagt (bei Einhaltung gewisser Voraussetzungen) ein Ausfallhonorar verlangen.

Ob ein Ausfallhonorar verlangt werden kann, hängt zunächst von der Organisation des Terminvergabesystems ab: Wenn es sich bei der Praxis um eine Bestellpraxis handelt, in der der vereinbarte Termin einzig und allein dem jeweiligen Patienten zur Verfügung steht, ist das Verlangen einer Ausfallpauschale grundsätzlich möglich. Allerdings muss es nach außen hin für den Patienten erkennbar sein, dass der Termin exklusiv für ihn freigehalten wird und daher verbindlich ist. Wenn in der Praxis jedoch mehrere Patienten zu einem Termin bestellt werden, ist das Verlangen eines Ausfallhonorars nicht möglich.

Möglich ist die Etablierung einer Bestellpraxis dadurch, dass dies bei der Terminvergabe gegenüber dem Patienten kommuniziert wird. Hier empfehlen wir aus Gründen der Beweissicherung eine diesbezügliche Aufklärung des Patienten in Schrift- oder Textform. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass das jederzeitige Kündigungsrecht des Patienten (§ 627 BGB) nicht unangemessen eingeschränkt wird. Denn dem Patienten muss es möglich bleiben, den Behandlungsvertrag jederzeit zu kündigen. Ob eine Kündigung des Behandlungsvertrags oder (nur) eine Absage eines Termins (unter Aufrechterhaltung des Behandlungsvertrags) vorliegt, ist für jeden Einzelfall zu prüfen.

Oft werden Regelungen verwendet, welche eine Absage des Patienten mindestens 24 Stunden oder 48 Stunden vor dem Termin verlangen. Für die Frage der Frist zur Absage, kann die Länge der in Frage stehenden Behandlung als Maßstab herangezogen werden: Handelt es sich um ein einfache und kürzere Behandlung, darf die Absagefrist entsprechend kürzer ausfallen. Es ist bei solchen Terminvergaben einfacher und schneller möglich, den Ausfall durch Weitergabe des Termins an einen anderen Patienten zu kompensieren. Bei komplexeren Behandlungen, darf die Frist zur Absage des Termins auch länger sein. Dabei soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Arzt bei Absage solcher komplexer Behandlungen eine gewisse Vorbereitung benötigt und solche Termine auch nicht ohne Weiteres an einen anderen Patienten vergeben werden können.

Die Höhe der Ausfallvergütung darf die Höhe des Honorars nicht übersteigen, das bei Wahrnehmung des Termins angefallen wäre. Wenn der Arzt trotz des abgesagten oder nicht wahrgenommenen Termins einen anderen Patienten behandeln kann, muss er sich dies auf sein Ausfallhonorar anrechnen lassen.

Näher: BGH (III. Zivilsenat), Urteil vom 12.05.2022 – III ZR 78/21

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