Die praktische Anwendung des Hinweisgeberschutzgesetzes
Der sachliche Anwendungsbereich ist im Gesetz wenig anschaulich formuliert. Das HinSchG gilt danach im Wesentlichen für Meldungen „über Verstöße die strafbewehrt sind“ sowie für Meldungen „über Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient.“ Die sonstigen meldungsrelevanten Verstöße betreffen primär Regelungen, die zur Umsetzung europäischer Regelungen getroffen wurden und dürften in der täglichen Unternehmenspraxis nicht den Hauptfall darstellen.
Die interne Meldestelle, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers im Regelfall eine bei dem Unternehmen angestellte Person ist, muss prüfen, ob ein Hinweis in den sachlichen Anwendungsbereich fällt.
Während Meldungen zu strafbewehrten Verstößen noch einigermaßen leicht zu bewerten sein werden, stellt sich dies bei Verstößen, die bußgeldbewehrt sind, schon schwieriger dar.
Mit diesem Beitrag soll anhand von Beispielen der sachliche Anwendungsbereich veranschaulicht werden.
Strafbewehrte Verstöße
Beispielhaft für strafbewehrte Verstöße sind unter anderem der Diebstahl und die Unterschlagung von Firmeneigentum sowie der (versuchte) Arbeitszeitbetrug. Auch werden körperliche Auseinandersetzungen, die den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllen, als strafbewehrter Verstoß erfasst.
Bußgeldbewehrte Verstöße
Schwieriger stellt sich die Beurteilung der bußgeldbewehrten Verstöße dar. Hier genügt es nicht nur, dass das Verhalten per se bußgeldbewehrt ist. Vielmehr muss die verletzte Vorschrift zudem dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigen und ihrer Vertretungsorgane dienen. Aufgrund dieser weiten Formulierung ist eine Bewertung im Einzelfall nicht immer einfach.
Als Beispiel für bußgeldbewehrte Verstöße kommen insbesondere Verstöße gegen Regelungen des Arbeitsschutzes wie die Betriebssicherheits- oder Arbeitsstättenverordnung in Betracht. So sieht die Betriebssicherheitsverordnung beispielsweise für eine Vielzahl von Verstößen, u.a. die nicht rechtzeitige Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung oder die nicht ordnungsgemäße Prüfung und Verwendung von Arbeitsmitteln, die Verhängung eines Bußgelds vor. Da die Regelungen dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten dienen, ist ein etwaiger Verstoß meldefähig.
Mobbing
Dass die Abgrenzung aber nicht immer einfach ist, zeigt sich am Beispiel des Mobbings. Allein der Umstand, dass das Mobbing beispielsweise eine Belästigung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 AGG darstellt, reicht für einen melderelevanten Verstoß nicht aus. Vielmehr muss auch in diesem Fall entweder die Schwelle des strafbewehrten Verstoßes, beispielsweise durch Beleidigungen, oder des bußgeldbewehrten Verstoßes, beispielsweise durch Nichtgewährung eines Ersatzruhetages, überschritten sein.
Nur dann, wenn der sachliche Anwendungsbereich des HinSchG eröffnet ist, ist ein Verstoß überhaupt meldefähig und der Schutz des Hinweisgebers gewährleistet.
Im Hinblick auf die meldungsrelevanten Verstöße und die sich daraus ergebenden Folgen kommt es damit maßgeblich darauf an, ob der Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich fällt. Sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte sollten deshalb die Voraussetzungen des Anwendungsbereichs gründlich prüfen. Gerne unterstützen wir Sie hierbei.
Stand: 02.11.2023