Besitzbeeinträchtigungen des Arbeitgebers durch Streikmaßnahmen sind von diesem in Ausnahmefällen hinzunehmen, Pressemitteilung 62/18, zu BAG, Urteil vom 20.11.2018 – 1 AZR 189/17

Der Arbeitgeber muss einen Streikaufruf auf seinem Firmenparkplatz dulden, wenn für die Gewerkschaft keine andere Möglichkeit besteht, die zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor Betreten des Betriebes anzusprechen.

Die Arbeitgeberin betreibt in einem Gewerbegebiet ein Versand- und Logistikzentrum. Zu dem Gelände gehört ein Firmenparkplatz, dessen Stellflächen überwiegend für die PKW von Mitarbeitern bestimmt sind. Im September 2015 wurde die Arbeitgeberin bestreikt. Die Gewerkschaft baute an den Streiktagen auf dem Parkplatz vor dem Haupteingang Stehtische und Tonnen auf und postierte dort streikende Arbeitnehmer und Gewerkschaftsvertreter. Physische Zugangsbehinderung entstanden hierdurch nicht.

Die Arbeitgeberin klagte auf Unterlassung solcher Aktionen in der Zukunft. Das Arbeitsgericht gab der Beklagten Recht. Die Berufung der Klägerin wurde vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Das BAG bestätigte das Urteil des LAG vollumfänglich und wies die Revision der Arbeitgeberin zurück. Das Streikrecht umfasse auch die Befugnis einer streikführenden Gewerkschaft, die zur Arbeitsniederlegung aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor Betreten des Betriebes anzusprechen, um diese für die Teilnahme am Streik zu gewinnen, so das BAG. Eine solche Aktion kann auch auf dem Firmenparkplatz der Arbeitgeberin stattfinden. Ob dies zulässig ist, entscheidet sich anhand einer Abwägung der jeweils betroffenen Grundrechte der Beteiligten. Im konkreten Fall ging diese Abwägung zugunsten der streikenden Gewerkschaft aus: Das BAG kam zu dem Schluss, dass aufgrund der örtlichen Verhältnisse eine Kommunikation zwischen der Gewerkschaft und den Arbeitnehmern nur auf dem Firmenparkplatz durchgeführt werden kann. Dieses Interesse der Gewerkschaft ist grundrechtlich geschützt. Aus diesem Grund muss die Arbeitgeberin eine kurzzeitige Beeinträchtigung ihres Besitzes hinnehmen.

Fazit: Im Ergebnis überzeugt die Entscheidung des BAG. Bereits aus der Pressemitteilung wird deutlich, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung mit Ausnahmecharakter handelt. Gewerkschaften sind nicht grundsätzlich dazu berechtigt, Streikposten auf dem Firmengelände zu errichten. Es ist dem Arbeitgeber im Allgemeinen auch nicht zumutbar, dass seine Betriebsmittel für den Streik verwendet werden. Nur wenn eine Abwägung der grundrechtlichen Interessen sowohl der Gewerkschaft als auch des Arbeitgebers zu einem anderen Ergebnis kommt, kann der Arbeitgeber zur Duldung von Streikmaßnahmen auf seinem Firmengelände gezwungen sein.

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