Berechnung des Urlaubsanspruchs bei einer Erhöhung der Arbeitszeit, EuGH 11.11.2015 - C-219/14

Der EuGH entschied über die aus England vorgelegten Fragen bezüglich der Berechnung des Urlaubsanspruchs bei einem Wechsel von Teilzeit zu Vollzeit. Dieser Entscheidung zufolge findet keine rückwirkende Nachberechnung des bereits erworbenen Urlaubsanspruchs auf die aktuelle Arbeitszeit statt.

Wenn der in Teilzeitbeschäftigung erworbene Urlaub während der Vollzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird, ergibt sich die Frage, ob die Urlaubstage entsprechend der neuen erhöhten Arbeitszeit angepasst werden müssen. Diese Überlegung stellt sich, da mit gleichbleibenden Urlaubstagen während der Vollzeitbeschäftigung weniger Urlaubswochen möglich sind.

Angenommen die Beschäftigte arbeitet zwei Tage die Woche und hat einen Jahresurlaubsanspruch von sechs Wochen. Bei einer Zweitagewoche würde dies 12 Tagen Urlaub entsprechen. Wenn diese Mitarbeiterin nun ab der zweiten Jahreshälfte fünf Tage die Woche arbeitet, hat sie mit 12 Tagen Urlaub nur noch zwei Wochen und zwei Tage Urlaub. Würden die 12 Tage Jahresurlaub auf eine Fünftagewoche angepasst werden, müsste sie im Jahr 30 Tage Urlaub bekommen, um auf die sechs Wochen Jahresurlaub zu kommen. Ob diese Korrektur des Urlaubs zugunsten der Beschäftigten bei einer Erhöhung der Arbeitszeit erfolgen müsste, entschied der EuGH im Fall Greenfield.

Laut EuGH kann keine Anpassung der Urlaubstage für die während der Teilzeit erworbenen Urlaubstage verlangt werden. Eine Neuberechnung kann nur für die Zeit, in der die Beschäftigte schon in Vollzeit arbeitet, erfolgen. Der Resturlaub aus der Zeit der Teilzeit bleibt gleich, auch wenn dieser erst während der Vollzeitbeschäftigung genommen wird.

Das bedeutet nach dem vorgenannten Beispiel, dass in der ersten Jahreshälfte ein Urlaubsanspruch von sechs Tagen (12 Tage Jahresurlaub aus Teilzeit geteilt durch zwei) und in der zweiten Jahreshälfte 15 Tage (30 Tage Jahresurlaub aus Vollzeit geteilt durch zwei) besteht. Eine Anpassung der sechs Urlaubstage auf die Fünftagewoche findet nicht statt, auch wenn das bedeutet, dass sechs Urlaubstage nur noch eine Woche und ein Tag Urlaub ergeben, anstelle der vorherigen drei Wochen.

Das BAG kam im umgekehrten Fall zu der gleichen Entscheidung (s. Homepage Arbeitsrecht Aktuell BAG 10.02.2015). Die Urlaubstage in der Vollzeit und Teilzeit müssen getrennt voneinander berechnet werden. Es erfolgt keine Anpassung an die aktuelle neue Arbeitszeit. Daher dürfen die Urlaubstage bei einem Wechsel von Vollzeit in Teilzeit nicht gekürzt werden, auch wenn sich die Urlaubswochenanzahl erhöht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei einem Wechsel von Teilzeitbeschäftigung in Vollzeit die einzelnen Urlaubstage des Resturlaubs aus der Teilzeittätigkeit zählen, unabhängig davon wie viele Wochen sich daraus ergeben. Der aus der Teilzeit angesammelte Resturlaub muss nicht entsprechend der neuen Arbeitszeit angepasst werden, um auf dieselbe Wochenanzahl zu kommen, die sich in der Teilzeit ergeben hätte. Ansonsten müsste der Arbeitgeber um einer bisher für einen Tag pro Woche Beschäftigten, in einer Fünftagewoche vier weitere Tage Urlaub zahlen, damit diese eine Woche Urlaub hat. Der Arbeitgeber müsste das Urlaubsentgelt dann mehr als verdoppeln.

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