Glücksspiel im Internet und der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021

Im März 2020 wurde von den Länderregierungen ein neuer GlüStV für 2021 beschlossen („GlüStV-2021“). Was gilt nach dem aktuellen Recht und dem neuen GlüStV-2021 für Glücksspiele im Internet? Ist die erwartete Liberalisierung des Glückspielrechts erfolgt?

Glücksspiel ist streng geregelt. Ein öffentliches Glücksspiel steht unter einem sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d. h. es ist pauschal verboten, behördliche Erlaubnisse können jedoch erteilt werden. Ein Glücksspiel ohne behördliche Erlaubnis unterfällt den Straftatbeständen der §§ 284, 287 StGB und wird in der Regel wegen Verstoßes gegen § 134 BGB zivilrechtlich nichtig sein. Die Anforderungen an die Durchführung von Glücksspielen sowie weitere Rahmenbedingungen sind zudem im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) geregelt sowie in den Ausführungsgesetzen zum GlüStV der verschiedenen Bundesländer. In Baden-Württemberg gilt z. B. das Landesglücksspielgesetz (LGlüG).

Im März 2020 wurde von den Länderregierungen ein neuer GlüStV beschlossen (nachfolgend „GlüStV-2021“). Dieser ist jedoch noch nicht wirksam. Der neue GlüStV-2021 muss zunächst von mindestens dreizehn Bundesländern bis zum 31.03.2021 ratifiziert worden sein. Zudem muss Sachsen-Anhalt bis zum 30.06.2021 ratifiziert haben. Geschieht dies, tritt der neue GlüStV-2021 am 01.07.2021 in Kraft. Die Ausführungsgesetze der Bundesländer müssen ggf. jeweils noch angepasst werden. Die Verhandlungen zum GlüStV-2021 sind federführend durch die Regierung von Nordrhein-Westfalen erfolgt, sodass das gegenwärtig bekannte Dokumente hier abrufbar ist.

Der Grund für die zwingende Ratifizierung durch Sachsen-Anhalt ist insbesondere eine neue, zentrale „Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder“, die ihren Sitz in Sachsen-Anhalt haben soll. Diese neue Glücksspielbehörde, soll die Aufsicht vor allem über Internetsachverhalte wahrnehmen.

Wann liegt ein Glücksspiel vor?

Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass von einem Glücksspiel jedenfalls dann nicht auszugehen ist, wenn es – zumindest hauptsächlich – auf die Fähigkeiten, Kenntnisse oder den Grad der Aufmerksamkeit des Spielers ankommt (dann liegt vielmehr ein Geschicklichkeitsspiel vor).

Nach der herrschenden Meinung wird allgemein angenommen, dass ein Glücksspiel nur vorliegt, wenn ein nicht geringwertiger Spieleinsatz erfolgt. Aufgrund verschiedener Gerichtsentscheidungen (z. B. BGH, Rn. 69 – „Sportwetten im Internett II“) und nach den Erwägungen aus § 58 Abs. 4 i. V. m. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV) mag diese Grenze bei 0,50 EUR liegen. Obwohl ansonsten sämtliche Anforderungen vorliegen, wird ein Glücksspiel damit nicht vorliegen, wenn der Spieleinsatz 0,50 EUR nicht überschreitet.

Vom GlüStV ist grundsätzlich nur das öffentliche Glücksspiel erfasst. Nicht-öffentliche Glücksspiele fallen also nicht – oder allenfalls hinsichtlich einzelner Aspekte – unter den GlüStV. Ein öffentliches Glücksspiel liegt vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.

Verbot der Veranstaltung von Glücksspiel im Internet nach dem aktuellen GlüStV

Im Glücksspielstaatsvertrag aus 2008 war das Glücksspiel im Internet vollständig verboten. Nach einer Entscheidung des BVerfG war dieses Verbot zulässig. Auch im (noch) aktuellen GlüStV aus 2011 ist Glücksspiel im Internet ist nach § 4 Abs. 4 GlüStV weiterhin wie folgt verboten:

„Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.“
Allerdings sind nun Ausnahmen nach § 4 Abs. 5 GlüStV wie folgt vorgesehen:

„Abweichend von Absatz 4 können die Länder zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlauben“.
Nach der gegenwärtigen Rechtslage des GlüStV besteht also ein pauschales Verbot des Glücksspiels im Internet. Die einzelnen Bundesländer dürfen jedoch abweichende Regelungen treffen.

In Baden-Württemberg wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht: Nach § 2 Abs. 2 LGlüG von Baden-Württemberg darf als Ausnahme vom Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV behördlich z. B. erlaubt werden: „der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien […] im Internet“. Es müssen zudem bestimmte Anforderungen erfüllt sein.

In Schleswig-Holstein bestand eine Sondersituation: Bereits vor dem aktuellen GlüStV hat Schleswig-Holstein 2011 ein vergleichsweise liberales Gesetz erlassen und darauf aufbauend Erlaubnisse für Online-Glücksspiele mit einer Befristung von sechs Jahren erteilt. Schleswig-Holstein hatte sich den damaligen Regelungen der übrigen Bundesländer nicht angeschlossen, um eine Neuausrichtung des Glücksspielrechts zu erreichen, „welche den Vertrieb von Lotterien – bei Aufrechterhaltung und Stabilisierung eines Veranstaltungsmonopols – wesentlich erleichtert“. 2013 trat Schleswig-Holstein nach einem Regierungswechsel dem GlüStV doch bei, sodass keine weiteren Erlaubnisse für Online-Glücksspiele erteilt werden durften. Die zuvor erteilten Erlaubnisse endeten – soweit bekannt – 2018 und 2019.

Beispiel: Verlosungen, Ausspielungen und Lotterien

Im GlüStV werden verschiedene Formen des Glücksspiels unterschieden. Ein Glücksspiel, bei dem einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten Plan gegen ein bestimmtes Entgelt die Chance auf einen Geldgewinn zu erlangen, ist dabei eine Lotterie. Die Vorschriften über Lotterien gelten auch, wenn anstelle von Geld Sachen oder andere geldwerte Vorteile gewonnen werden können; dann liegt eine Ausspielung. In der Regel sind damit Verlosungen umfasst.

Staatliche Lotterien der Bundesländer sind erlaubt, vgl. § 9 Abs. 2, 3 LGlüG. Ursprünglich bestand ein weitgehendes staatliches Veranstaltungsmonopol. Aufgrund von Entscheidungen des BVerfG und des EuGH wurde dies in Teilen aufgeweicht. Seit dem Inkrafttreten des GlüStV in 2012 ist es auch Privaten möglich, bestimmte Lotterien (und Ausspielungen) zu veranstalten, wie sich aus § 10 Abs. 6 GlüStV ergibt. Allerdings bedarf es hierzu einer Erlaubnis und die Erlaubnis darf gem. §§ 10 Abs. 6, 12 GlüStV nur nach dem Dritten Abschnitt des GlüStV erteilt werden. Zuständig zur Erteilung der Erlaubnis sind zudem die Bundesländern. Dies wird als Konflikt betrachtet, da somit letztlich ein Wettbewerber (ein Bundesland) einem anderen Wettbewerber (dem Privaten) eine Erlaubnis für die Konkurrenztätigkeit erteilen muss.

Nach dem Dritten Abschnitt des GlüStV darf Privaten die Veranstaltung von „kleinen Lotterien“ und „Lotterien mit geringem Gefährdungspotential“ erlaubt werden. Für „große Lotterien“ besteht hingegen ein staatliches Veranstaltungsmonopol. Für die „kleinen Lotterien“ und „Lotterien mit geringem Gefährdungspotential“, die für Private möglich sind, gelten strenge Rahmenbedingungen. So ist es insbesondere erforderlich, die Gewinne weitgehend zu wohltätigen Zwecken zu verwenden.

Verbot der Werbung für Glücksspiel

Gem. § 5 GlüStV ist Werbung für Glücksspiele im Internet wie folgt verboten:

„Werbung für öffentliches Glücksspiel ist […] im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen verboten. Davon abweichend können die Länder zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 Werbung für Lotterien und Sport- und Pferdewetten im Internet […] erlauben.“

Nach § 284 Abs. 4 StGB und § 287 Abs. 2 StGB ist die Werbung für ein öffentliches Glücksspiel oder eine öffentliche Ausspielung ein Straftatbestand.

Nach § 5 Abs. 3 GlüStV können einzelne Länder vom generellen Verbot Ausnahmen vorsehen. Es besteht daher eine sog. „Werberichtlinie“ als Verwaltungsvorschrift, die die Erlaubnisfähigkeit solcher Werbung regelt. Für die Werbung im Internet ist zentral Nordrhein-Westfalen zuständig.

Der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021

Wie bereits eingangs dargestellt, wurde ein neuer GlüStV-2021 beschlossen, der jedoch noch nicht ratifiziert und noch nicht in Kraft ist. Eine zentrale Änderung des GlüStV-2021 betrifft die Zulassung bestimmter Glücksspiele im Internet.

Nach dem GlüStV-2021 sind – neu – folgende Formen des Glücksspiels zu unterscheiden:

  • Virtuelle Automatenspiele sind im Internet angebotene Nachbildungen terrestrischer Automatenspiele.
  • Online-Casinospiele sind virtuelle Nachbildungen von Bankhalterspielen und Live-Übertragungen eines terrestrisch durchgeführten Bankhalterspiels mit Teilnahmemöglichkeit über das Internet.
  • Online-Poker sind Varianten des Pokerspiels ohne Bankhalter, bei denen verschiedene natürliche Personen an einem virtuellen Tisch gegeneinander spielen.

Der neue GlüStV-2021 enthält zum aktuellen Glücksspielverbot im Internet somit eine maßgebliche Änderung. Anstatt des pauschalen Verbots öffentlicher Glücksspiele im Internet soll gem. § 4 Abs. 4 GlüStV-2021 nun differenzierter gelten:

„Eine Erlaubnis für öffentliche Glücksspiele im Internet darf nur für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien, die Veranstaltung, Vermittlung und den Eigenvertrieb von Sportwetten und Pferdewetten sowie die Veranstaltung und den Eigenvertrieb von Online- Casinospielen, virtuellen Automatenspielen und Online-Poker erteilt werden. Im Übrigen sind das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten.“

Fazit

Glücksspiele sind streng geregelt, sowohl nach der gegenwärtigen Rechtslage unter dem GlüStV als auch unter der zu erwartenden neuen Rechtslage gemäß dem GlüStV-2021. Insbesondere stellt die öffentliche Veranstaltung eines Glücksspiels ohne behördliche Genehmigung einen Straftatbestand dar. Bereits geringe Einsätze über der Grenze von 0,50 EUR genügen, um ein für ein Glücksspiel relevanten Einsatz anzunehmen. Der neue GlüStV-2021 wird jedoch zu einer gewissen Liberalisierung gerade der Möglichkeiten im Internet führen, wenn der GlüStV-2021 rechtzeitig ratifiziert wird und damit in Kraft treten kann. Dennoch verbleibt es in einigen maßgeblichen Bereichen bei äußerst strengen Vorgaben oder sogar einem staatlichen Monopol, z. B. bei großen Lotterien und Ausspielungen.
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