Minimum-AGB für IT-Start-ups

insbesondere zur Haftungsbeschränkung

Wer ein neues Unternehmen gründet, hat zunächst maßgeblich auf die Finanzierung zu achten. Zahlreiche Themen wollen erledigt werden und bedeuten Kosten, obwohl maßgebliche Einnahmen vorerst noch fehlen. Gewisse Kosten können zwar gedeckt werden, z. B. über eine EXIST-Förderung, aus eigener Tasche oder über erste Investoren. Dennoch wollen die Ausgaben gut überlegt werden. Wenn es zu den rechtlichen Themen kommt, kann es rasch komplex und teuer werden. Auf der anderen Seite ist es auch teuer, wenn ein Haftungsfall eintritt und z. B. an AGB mit einer – zumindest rudimentären – Haftungsbeschränkung gespart wurde. Was sind daher die zu empfehlenden Minimum-AGB für ein IT-Start-up?

AGB-Klausel zur Haftungsbeschränkung

AGB mit pauschalen Haftungsbeschränkungen sind in aller Regel rechtlich unwirksam. Grund hierfür ist das strenge AGB-Recht, das im B2C-Bereich sowie – in tragenden Teilen – auch im B2B-Bereich gilt.

Regelungen wie „Wir haften nicht für Datenverlust.“ im Falle eines Cloud- oder SaaS-Dienstes sind daher schlicht unwirksam. Auch Höchstsummenregelungen wie „Wir haften höchstens auf den Auftragswert.“ sind in aller Regel unwirksam. Es ist daher darauf zu achten, dass durch derartige, „einfache“ AGB-Regelungen nicht nur ein falsches Gefühl der Sicherheit erzeugt wird.

Zudem kann insbesondere die Haftung für sog. Kardinalpflichten, also die Hauptleistungspflichten, nicht – oder allenfalls ansatzweise – eingeschränkt werden. Dies bedeutet, dass gerade für den Hauptrisikobereich, nämlich den Kern der eigenen Leistungen, eine pauschale Haftungsbeschränkung ausscheidet.

Dennoch sind allgemeine Haftungsbeschränkungen zu empfehlen. In diesen müssen jedoch zahlreiche rechtliche Aspekte, insbesondere zahlreiche Rückausnahmen (z. B. eine Nichtgeltung des Ausschlusses für vorsätzliche Pflichtverletzungen), berücksichtigt werden, damit sie nicht von vorherein unwirksam sind. Dies gilt auch dann, wenn die Rückausnahme für den eigene Bereich scheinbar gar nicht relevant ist. So sollte z. B. dennoch die Haftung für Körperverletzungen von der Haftungsbeschränkung ausgeschlossen werden, auch wenn man einen SaaS-Dienst anbietet und den Kunden vermutlich nie persönlich treffen wird.

Haftungsbeschränkung als Teil der Leistungsbeschreibung

Oftmals können die besten Ergebnisse hinsichtlich einer Haftungsbeschränkung dadurch erzielt werden, dass nicht die Haftung eingeschränkt wird, sondern das Leistungsversprechen.

Gemeint ist damit eine Präzisierung der eigenen Leistungen und eine Kontrolle der werblichen Aussagen. Wird z. B. damit geworben, dass die Daten beim eigenen SaaS-Dienst „100 % sicher seien“, wird das eigene Leistungsspektrum zunächst einmal breit aufgespannt. Insbesondere kann darunter verstanden werden, dass Backups durchgeführt werden. Ein solch weites Leistungsversprechen durch eine Haftungsbeschränkung wieder „einzufangen“, ist schwierig oder kaum möglich. Vorteilhafter wäre es, sogleich nur damit zu werben, dass der eigene SaaS-Dienst die Daten z. B. nur für den Zeitraum der Dokumentengenerierung verarbeitet, und dass sie anschließend gelöscht werden. Derart entsteht erst gar kein Leistungsversprechen dahin, dass umfangreiche Datensicherungen angefertigt werden. Zugleich könnten sich im Übrigen durch eine solche Gestaltung einige weitere rechtliche Probleme erübrigen.

Abgrenzung verschiedener Leistungen

Weitergehend ist es für die Erzielung einer Haftungsbeschränkung wichtig, unterschiedliche Teilleistungen voneinander abzugrenzen. Überlässt ein IT-Start-up z. B. eine selbst entwickelte Software für eine Nutzung on-premises unter jährlicher Vergütung durch den Kunden, wird dies einen Mietvertrag (oder einen Rechtspachtvertrag) darstellen. Bietet das IT-Start-up zudem die Erstinstallation, -einrichtung und -konfiguration an, wird dies als Werkleistung einzuordnen sein. Wenn das IT-Start-up ferner Schulungen anbietet, ist dies eine dienstvertragliche Leistung.

Die Haftungsregelungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) für Mietverträge, Werkverträge und Dienstleistungsverträge sind jedoch grundlegend verschieden. Während für Mietverträge im B2B-Bereich sogar eine verschuldensunabhängige Haftung für unbekannte, anfängliche Mängel besteht, ist ein Gewährleistungsregime bei Dienstleistungsverträgen im BGB noch nicht einmal vorgesehen. Bei Werkverträgen sollte zudem auf eine Abnahme (oder einen „Ersatz“ dafür) geachtet werden, damit z. B. die - vertraglich verkürzte - Verjährungsfrist zu laufen beginnt.

Daher ist es für die Erzielung einer Haftungsbeschränkung dringend anzuraten, die eigenen Leistungen aus rechtlicher Sicht zu untergliedern, um dann spezifisch hierfür unterschiedliche Regelungen zu treffen, die letztendlich das eigene Haftungsrisiko maßgeblich einschränken können.

Urheberrechtliche Haftung

Bietet das IT-Start-up z. B. SaaS-Leistungen an und können Nutzer Inhalte hochladen oder miteinander interagieren oder kommt es auf User-Generated Content an, sollte ferner an die Einräumung ausreichender urheberrechtlicher Nutzungsrechte gedacht werden. Auch eine Freistellungsregelung im Falle einer Abmahnung sollte überlegt werden. Weiter ist zu klären, welchen zeitlichen und inhaltlichen Umfang diese Nutzungsrechte haben sollen. Wenn die Nutzungsrechte z. B. auf die Vertragslaufzeit beschränkt werden, könnte dies unzureichend sein, da ggf. vom eigenen Hosting-Provider oder Conent-Delivery-Netowrk (CDN) Datensicherungen bzw. Kopien im Cache vorgehalten werden können. Daher ist ggf. eine Übergangsfrist nach Vertragsende von z. B. einigen Monaten zu regeln.

Weitere Regelungen

Weitere Regelungen sind oftmals abhängig von der konkreten Leistung. Wird ein Online-Dienst z. B. als SaaS (Software-as-a-Service) angeboten, sollte eine Regelung über die Erreichbarkeit und geplante Downtime oder geplante Wartungsfenster vorhanden sein.

Sind die vorstehenden Maßnahmen für die Erzielung einer Haftungsbeschränkung ergriffen, ist meist das Ergebnis von „ersten Minimum-AGB“ erzielt. Es gilt dann zu klären, welche weiteren Regelungen – je nach konkretem Inhalt der eigenen Leistungen – zu empfehlen sind.

Hierbei ist u. a. an Regelungen zum Gerichtsstand und anwendbaren Recht zu denken. Auch Regelungen zur Vertragslaufzeit und Kündigungsregelung sind zu treffen. In diesem Zusammenhang sollte z. B. überlegt werden, ob sich der Vertrag eines jeden Kunden des IT-Start-ups zu einem individuellen Zeitpunkt verlängern soll oder einheitlich z. B. zum Monatswechsel. Beispiel: Kunde A registriert sich beim IT-Start-up am 17.03. Bei einer Vertragsperiode von einem Monat würde sich der Vertrag dann jeweils am 17. eines Monats verlängern und die monatliche Vergütung müsste ebenfalls am 17. eines jeden Monats (oder kurz zuvor oder danach – je nach Regelung zur Vorleistung) eingezogen werden. Bei zahlreichen Kunden kann dies rasch komplex werden, wenn kein gesonderter Zahlungsabwickler eingebunden ist.

Alternativ kann auch geregelt werden, dass sich sämtliche Verträge mit Kunden jeweils zum Monatswechsel verlängern. Dann wäre klar, dass für sämtliche Kunden zum Monatswechsel der Zahlungseinzug erfolgen muss. In diesem Fall kann jedoch zu überlegen sein, ob für eine erste Teilperiode eine Teilvergütung anfällt. Beispiel: Der Kunde B registriert sich am 21.01. Dann müsste für den Zeitraum vom 21.01. bis 31.01. ggf. eine Teilvergütung verlangt werden, bevor ab Anfang Februar monatlich die volle Vergütung in Rechnung gestellt wird. Dies sollte jedenfalls durchdacht werden, wobei dies möglicherweise bereits nicht mehr Gegenstand von ersten Minimum-AGB ist.

Vermeidung von Abmahnungen

Abmahnungen sind Schreiben, die z. B. ein Wettbewerber oder ein Verbraucherschutzverein versendet oder über einen Rechtsanwalt versenden lässt mit dem zur Unterlassung einer rechtswidrigen Verhaltensweise aufgefordert wird. Es soll dann eine mit einer Vertragsstrafe bewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden und eine Erstattung der der Gegenseite entstandenen Kosten, z. B. für den dortigen Rechtsanwalt, erfolgen.

Die Abmahnung ist insofern heikel, als dass das Kostenerstattungsverlangen gerade bei einem Start-up die Finanzen weiter belastet. Zudem ist zu beachten, dass die Unterlassungserklärung - sollte sie tatsächlich abgegeben werden - dazu führt, dass das Start-up „lebenslang“ haftet, sollte sich der Verstoß wiederholen. Im Falle eines kleinen Start-ups wird zudem oftmals versucht, die Geschäftsführer oder Gründer persönlich in die Pflicht zu nehmen. Sollte eine Wiederholung eintreten, wird eine Vertragsstrafe fällig, die dann direkt an den Abmahnenden zu zahlen ist. Dies kann letztlich die „Handlungsfreiheit“ des IT-Startups ob der sogleich drohenden Vertragsstrafen (und damit ggf. auch das Interesse von Investoren) einschränken.

In einigen Fällen kann aufgrund einer aktuellen Gesetzesänderung zudem ein Schadensersatz verlangt werden.

Es sollte daher ermittelt werden, zu welchen Punkten eine Abmahnung droht, oder zumindest in besonderem Maße drohen könnte. So können sich z. B. aus dem Gesetz bestimmte Minimum-Anforderungen hinsichtlich von Regelungen in AGB und von zu erteilenden Informationen ergeben. Welche dies sind, ist abhängig von der Art der angebotenen Leistungen.

Sollte das IT-Start-up z. B. einen virtuellen Online-Marktplatz anbieten, auf dem sich Anbieter und Nachfragende finden können, sind gesetzlich einige Pflichtangaben erforderlich, bei deren Fehlen rasch eine Abmahnung ausgesprochen werden kann. Ob und ggf. welche gesetzlichen Minimum-Anforderungen einzuhalten sind richtet sich - erneut - maßgeblich nach der Art der angebotenen Leistungen.

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