Online-Marktplätze: neue Vorgaben aufgrund der P2B-Verordnung

zur Nichtigkeit von AGB und weitere Vorgaben

Internet-Markplätze, auf denen Unternehmer Angebote einstellen können und Verbraucher die Angebote annehmen können, bestehen zahlreich. Für solche sog. Online-Vermittlungsdienste gilt seit Mitte Juli 2020 die P2B-Verordnung (Platform-to-Business-Verordnung, EU-Verordnung 2019/1150). Die P2B-Verordnung enthält zahlreiche Anforderungen an die Ausgestaltung der Plattform seitens des Plattformbetreibers, insbesondere zur Gestaltung der AGB. Fehlen bestimmte Regelungen sind die AGB ganz oder teilweise nichtig und es besteht die Gefahr von Abmahnungen.

Was sind Online-Vermittlungsdienste

Erfasst werden alle – im allgemeinen Sprachgebrauch – Internet-Marktplätze, oder – gemäß dem rechtlichen Begriff – alle Online-Vermittlungsdienste. Online-Vermittlungsdienste nach der P2B-Verordnung sind alle Plattformen, bei denen die folgenden Anforderungen erfüllt sind:
  1. Es handelt sich um einen Internet-Dienst (wobei die genaue Definition technikneutral ist).
  2. Auf der Plattform wird es gewerblichen Nutzern ermöglicht, Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anzubieten, indem über die Plattform die Einleitung direkter Transaktionen zwischen diesen gewerblichen Nutzern und den Verbrauchern vermittelt werden, unabhängig davon, wo diese Transaktionen letztlich abgeschlossen werden.
  3. Die Plattform wird gewerblichen Nutzern auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anbieter der Plattform und den gewerblichen Nutzern bereitgestellt.
Damit gilt die P2B-Verordnung nicht nur für die typischen Internet-Marktplätze, die über den Internet Browser zugänglich sind, sondern z. B. auch für Software-Vertriebsplattformen, etwa einen Store für Smartphone-Apps sowie entsprechende Online-Diensten von sozialen Medien. Ein Internet-Marktplatz kann sogar dann vorliegen, wenn auf ihn lediglich über Sprachassistenzsysteme zugegriffen wird.

Ausdrücklich vom Anwendungsbereich der P2B-Verordnung ausgenommen sind jedoch Peer-to-Peer-Online-Vermittlungsdienste ohne Beteiligung gewerblicher Nutzer, reine Business-to-Business-Online-Vermittlungsdienste, die nicht Verbrauchern angeboten werden, Online-Werbeplatzierungsinstrumente und Online-Werbebörsen, die nicht bereitgestellt werden, um die Anbahnung direkter Transaktionen zu vermitteln, und bei denen kein Vertragsverhältnis mit Verbrauchern besteht. Weiter sind Online-Zahlungsdienste ausgenommen.

Wann sind die AGB nichtig?

AGB-Regelungen sind nach der P2B-Verordnung insbesondere dann nichtig, wenn
  • die AGB nicht klar und verständlich sind
  • die AGB für gewerbliche Nutzer nicht jederzeit leicht verfügbar sind
  • die AGB keine Regelung enthalten, wann die Bereitstellung der Dienste ausgesetzt, beendet oder eingeschränkt werden darf
  • die AGB keine Informationen zu zusätzlichen Vertriebskanälen oder Partnerprogrammen enthalten, über die der Plattformbetreiber die Waren und Dienstleistungen ebenfalls vermarkten kann
  • die AGB keine allgemeinen Informationen zu den Auswirkungen der AGB auf die Inhaberschaft und die Kontrolle von Rechten des geistigen Eigentums enthalten.
Die P2B-Verordnung enthält zu den verschiedenen Punkten zum Teil genauere Regelungen und Vorgaben.

Vorgaben zu AGB-Änderungen

Änderungen von AGB sind unwirksam, wenn Sie nicht bestimmten, in der P2B-Verordnung genannten Rahmenbedingungen genügen. AGB-Änderungen müssen dabei insbesondere auf einem „dauerhaften Datenträger“ vorgeschlagen werden. Ein E-Mail zählt dabei jedoch als ein solcher „dauerhafter Datenträger“.

Zudem muss eine Übergangsfrist von mindestens 15 Tagen vorgesehen werden und dem Nutzer ein Kündigungsrecht eingeräumt werden. Interessant ist dabei eine Regelung der P2B-Verordnung, nach der der Nutzer konkludent auf die Frist verzichtet, wenn er während des Laufs der Frist neue Angebote auf die Plattform einstellt. Es gibt jedoch eine Rückausnahme für den Fall, dass eine Frist von mehr als 15 Tagen angemessen ist und der Nutzer umfangreiche technische Änderungen vornehmen muss.

Zudem dürfen AGB-Änderungen oder sonstige Regelungen keine Rückwirkung beinhalten.

Vorgaben für das Ranking

Die P2B-Verordnung sieht nun klare Vorgaben vor, wie die Angebote der verschiedenen gewerblichen Anbieter (und etwaiger eigener Angebote) auf der Plattform bei Suchen oder sonstigen Darstellungen „gerankt“ (also angeordnet oder sortiert) werden dürfen. Auch hier ergibt sich nun eine Verpflichtung zur Gestaltung der AGB. Der für das Ranking „bestimmende Hauptparameter“ ist nämlich in den AGB zu regeln.

Dies ist äußerst misslich, weil dadurch die Freiheit des Plattformbetreibers, die – in der Praxis üblichen – Anpassungen des Rankings im laufenden Betrieb über die Zeit hinweg neuen Gegebenheiten anzupassen, eingeschränkt wird. Änderungen des Rankingalgorithmus auch hinsichtlich des Hauptparameters sind zwar dann weiterhin möglich, erfordern allerdings eine AGB-Änderung, wobei zu prüfen ist, ob eine AGB-Änderung in diesem Bereich überhaupt zulässig ist. Denn im Rahmen von AGB-Änderungen dürfen insbesondere die gegenseitigen Hauptleistungspflichten nicht ohne Weiteres angepasst werden. Andererseits ist es fraglich, ob eine Änderung speziell des bestimmenden Hauptparameters häufig erfolgt. Größere Schwierigkeiten könnten bestehen, einen bestimmten Parameter als den bestimmenden Hauptparameter zu identifizieren.

Nebenwaren und Nebendienstleistungen

Werden den Verbrauchern auf der Internetplattform neben den Angeboten des jeweiligen gewerblichen Anbieters weitere Waren oder Dienstleistungen Dritter angeboten, müssen die Rahmenbedingungen hierfür in den AGB angegeben werden. Insbesondere ist es erforderlich, die Art der Nebenwaren und -dienstleistungen zu beschreiben sowie zu klären, ob der gewerbliche Nutzer selbst berechtigt ist, seine eigenen Angebote als Nebenwaren und -dienstleistungen anzubieten.

Transparenz von differenzierter Behandlung

Bietet der Betreiber des Online-Marktplatzes selbst eigene Waren oder Dienstleistungen auf der Plattform an, muss jegliche etwaige differenzierte Behandlung zu Angeboten von gewerblichen Anbietern auf der Plattform in den AGB erläutert werden. Dabei können auch Angaben zu einem unterschiedlichen Zugang zu personenbezogenen Daten oder sonstigen Daten zu erläutern sein. Insbesondere sind auch Unterschiede beim Ranking zu erläutern sowie etwaige Entgelte und Zugang z. B. zu technischen Schnittstellen, die dem Betreiber des Online-Marktplatzes zur Verfügung stehen, sonstigen gewerblichen Anbietern auf der Plattform hingegen nicht, zu klären.

Regelungen zur Vertragsbeendigung

Die AGB haben weiter Informationen dazu zu enthalten, welche Bedingungen hinsichtlich der Vertragsbeendigung gelten. Dies dürfte in der Praxis zumeist über die Kündigungsregelungen erfolgen.

Zugang zu Daten

In den AGB müssen Informationen zum vertraglichen und technischen Zugang eines gewerblichen Anbieters zu personenbezogenen Daten und sonstigen Daten enthalten sein. Dabei muss z. B. auch geklärt werden, ob der Betreiber des Online-Marktplatzes Zugang zu Daten hat, die eigentlich im Vertragsverhältnis zwischen dem gewerblichen Nutzer und dem Verbraucher entstehen. Ferner muss geklärt werden, inwieweit ein gewerblicher Nutzer auf der Plattform Zugang zu den von ihm selbst zur Verfügung gestellten Daten hat. Darüber hinaus ist anzugeben, ob solche Daten Dritten zur Verfügung gestellt werden.

Die Kenntnis solcher Daten ist für gewerbliche Nutzer auf der Plattform zur rechtlichen Ausgestaltung auch jenseits der P2B-Verordnung relevant. Mit den Informationen können z. B. besser etwaige, erforderliche Aufklärungstexte zu Verbrauchereinwilligungen formuliert werden oder zuverlässiger geklärt werden, ob eine gemeinsame Verantwortlichkeit gem. Art. 26 DSGVO zwischen dem Betreiber des Online-Marktplatzes und dem gewerblichen Nutzer besteht.

Beschränkung von Angeboten auf anderen Plattformen

Einen auch kartellrechtlichen Hintergrund hat eine weitere Regelung in der P2B-Verordnung. Wenn der Betreiber des Online-Marktplatzes dem gewerblichen Anbietern auf der Plattform nämlich vertraglich verbietet, seine Waren und Dienstleistungen auf anderen Plattformen zu vertreiben, sind in den AGB die Gründe hierfür anzugeben. Die Informationen hierzu müssen zudem öffentlich leicht verfügbar sein. Ob ein solches Verbot des Vertriebs auf anderen Plattformen rechtlich im Einzelfall auch erlaubt ist, ist jedoch gesondert zu bewerten.

Beschwerdemanagement und Mediation

Der Betreiber des Online-Marktplatzes hat zudem ein internes Beschwerdemanagement für die gewerblichen Nutzer der Plattform einzurichten und zudem in den AGB mindestens zwei Mediatoren zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten anzugeben.

Rechtsfolgen und Fazit

Verstöße gegen die P2B-Verordnung können zum einen die Nichtigkeit einzelner Regelungen der AGB oder der AGB insgesamt bedeuten. Zudem können Wettbewerber kostenpflichtige Abmahnungen aussprechen, strafbewehrte Unterlassungserklärungen einfordern und Unterlassung für die Zukunft innerhalb einer üblicherweise kurzen Frist verlangen. Die kurze Frist kann deshalb besonders misslich sein, weil innerhalb der Frist auch eine Änderung der AGB gegenüber Bestandskunden zu bewerkstelligen sein kann. Daneben sieht selbst die P2B-Verordnung ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass Verbände Klagen auf Unterlassung erheben dürfen.

Ein Schwellenwert hinsichtlich Nutzerzahl oder Umsatz, ab dem die P2B-Verordnung erst gelten würde, besteht nicht. Die P2B-Verordnung gilt also auch für kleine Unternehmen und Start-ups. Bereits bei der technischen Gestaltung eines Online-Marktplatzes und erst Recht bei der Gestaltung der AGB sollten daher nun die Anforderungen der P2B-Verordnung berücksichtigt werden. Ein Online-Marktplatz kann dabei rasch vorliegen. Eine genauere Prüfung sollte stets erfolgen, wenn im Onlinebereich eine Vermittlung von Verträgen zwischen Dritten (anderen Unternehmern und Verbrauchern) erfolgt.

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