Beschlussfassung bei Stimmverbot und Klageinleitung in der zweigliedrigen GmbH

In der zweigliedrigen GmbH verhindert ein Stimmverbot für den Geschäftsführer bei der Beschlussfassung über Rechtsstreitigkeiten gegen ihn, dass dieser sein Stimmrecht ausübt – wodurch eine förmliche Beschlussfassung oft entbehrlich wird. Das BGH-Urteil vom 5.11.2024 erleichtert so Minderheitsgesellschaftern die Durchsetzung von Gesellschaftsansprüchen gegen Geschäftsführer aus der Mitgesellschafter-Reihe.

Eine GmbH, die über zwei Gesellschafter verfügt, ist eine im Mittelstand häufig vorkommende Organisationsform und macht somit einen großen Anteil unserer Beratungspraxis bei Gesellschafterstreitigkeiten aus. In diesem Zusammenhang werden wir oft mit der Frage konfrontiert, wie ein Minderheitsgesellschafter Ansprüche der Gesellschaft gegen den Mitgesellschafter oder gegen Geschäftsführer aus dessen Lager in der GmbH durchsetzen kann. In einem jüngst ergangenen Urteil hat der Bundesgerichtshof den Gesellschaftern einer zweigliedrigen GmbH die Durchsetzung von Ansprüchen der GmbH gegen ihre eigenen Geschäftsführer erleichtert (Urteil vom 5.11.2024, Az. II ZR 85/23).Rechtlicher Hintergrund.

Gem. § 46 Nr. 8 Alt. 1 GmbHG ist vor einer Klageerhebung wegen bestehender oder vermeintlicher Er-satzansprüche gegen Gesellschafter und Geschäftsführer ein Gesellschafterbeschluss herbeizuführen (sog. „Geltendmachungsbeschluss“). Sofern der Ersatzanspruch gegen den Geschäftsführer geltend gemacht werden soll, wird zugleich ein sog. „besonderer Vertreter“ bestellt. Er vertritt die Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer im Streitfall, da dieser die Gesellschaft nicht gegen sich selbst vertreten kann. Liegt ein solcher Beschluss nicht vor, wird die Klage abgewiesen.

Sachverhalt

Die Minderheitsgesellschafterin (49%) einer GmbH war der Auffassung, dass der Gesellschaft Schadensersatzansprüche gegen ihre Fremdgeschäftsführer zuständen. Die Geschäftsführer waren jedoch zugleich Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin (51%). Eigennützig votierten sie in der Gesellschafterversammlung gegen die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, obwohl sie in eigener Sache einem Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG unterlagen. Nichtsdestotrotz verweigerten die Geschäftsführer die Feststellung des Geltendmachungsbeschlusses. Die Minderheitsgesellschafterin erhob Schadensersatzklage gegen die Geschäftsführer im eigenen Namen auf Zahlung an die Gesellschaft („actio pro socio“).

Rechtsfragen

Klärungsbedürftig war, ob in einer solchen Konstellation eine vorherige Beschlussfassung nach § 46 Nr. 8 GmbHG erforderlich ist und ob (entgegen der bisherigen Rechtsprechung) die Klage des Gesellschafters anstatt der Gesellschaft ausnahmsweise zulässig ist.

Entscheidung

Der BGH stellte klar, dass ein Geschäftsführer, gegen den ein Rechtsstreit eingeleitet werden soll, nicht das Stimmrecht für einen Gesellschafter bei Beschlussfassungen über die Einleitung eines solchen Rechtsstreits und die Bestellung eines Prozessvertreters ausüben darf. In einer zweigliedrigen GmbH, in der nur die Stimme des den Ersatzanspruch verfolgenden Gesellschafters zählt, ist eine Beschlussfassung nicht erforderlich. Sie ist eine überflüssige Formalität. Unter diesen Umständen bedarf es deshalb auch keiner Beschlussfassung über die Bestellung eines Prozessvertreters, da der Wille des Gesellschafters zur organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft durch sein Auftreten als Prozessvertreter oder durch Bestellung eines Prozessvertreters zweifelsfrei dokumentiert wird. Die Klage des Gesellschafters ist auch in dieser Konstellation grundsätzlich unzulässig, da die Gesellschaft den Ersatzanspruch selbst im Klagewege verfolgen kann.

Bewertung

Die Entscheidung trägt zur Klarheit bzgl. der Beschlussnotwendigkeit in der zweigliedrigen GmbH in Interessenkonfliktsituationen bei. Zuvor war nicht rechtsicher geklärt, ob es für die praktisch relevante Frage der Bestellung des besonderen Vertreters einer Beschlussfassung bedarf.

Der BGH stärkt die Position der Gesellschaft Ersatzansprüche durchzusetzen. Zudem erscheint es interessengerecht nur die Klage der Gesellschaft zuzulassen, da damit indirekt anteilig das Kostenrisiko der Klage der von den eigennützig handelnden Geschäftsführer vertretenen Mitgesellschafterin auferlegt wird.

Eine GmbH, die über zwei Gesellschafter verfügt, ist eine im Mittelstand häufig vorkommende Organisationsform und macht somit einen großen Anteil unserer Beratungspraxis bei Gesellschafterstreitigkeiten aus. In diesem Zusammenhang werden wir oft mit der Frage konfrontiert, wie ein Minderheitsgesellschafter Ansprüche der Gesellschaft gegen den Mitgesellschafter oder gegen Geschäftsführer aus dessen Lager in der GmbH durchsetzen kann. In einem jüngst ergangenen Urteil hat der Bundesgerichtshof den Gesellschaftern einer zweigliedrigen GmbH die Durchsetzung von Ansprüchen der GmbH gegen ihre eigenen Geschäftsführer erleichtert (Urteil vom 5.11.2024, Az. II ZR 85/23).

Stand: 5. Mai 2025