Strukturprüfungen

Antragstellung bis zum 30.06.2021 oder 15.08.2021? Was denn nun?

1. Hintergrund und Kontext der Strukturprüfungsrichtlinie

Schon als das MDK-Reformgesetz am 01. Januar 2020 in Kraft trat, wurde neben den Prüfquoten gem. § 275c SGB V auch die Prüfung der Strukturmerkmale gem. § 275d SGB V mit Skepsis betrachtet. Während bisher im Einzelfall die Strukturmerkmale geprüft wurden, soll nach der gesetzlichen Konzeption zukünftig in „Strukturprüfungen“ allgemein vorab festgestellt werden, ob die Strukturmerkmale vorliegen.

Ohne eine vorherige Begutachtung des MD und der jeweiligen Bescheinigung über das Ergebnis können bestimmte Leistungen nicht mehr abgerechnet werden. Eigentlich sollten die Strukturprüfungen durch den MD bis zum 31. Dezember 2020 durchgeführt werden, aufgrund der Corona-Pandemie wurde diese Frist aber bis zum 31. Dezember 2021 verlängert

Grundlage dieser – gerade für größere Krankenhäuser – wichtigen Begutachtung durch den MD ist eine Richtlinie nach § 283 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB V. In dieser – vom MD erlassenen – Richtlinie sind die Einzelheiten zu diesen Begutachtungen, einschließlich der fachlich erforderlichen Zeitabstände für die Begutachtung und der Folgen, falls Strukturmerkmale nicht mehr eingehalten werden können, geregelt.

Nach der gesetzlichen Konzeption sollte diese Richtlinie eigentlich bis zum 28.Februar 2021 erlassen worden sein. Der Entwurf dieser Richtlinie lag aber lange Zeit beim Bundesgesundheitsministerium, so dass die Richtlinie erst am 27. Mai 2021 veröffentlicht wurde. Anträge sollten bis zum 30. Juni 2021 eingehen; Krankenhäuser hätten daher nur etwa einen Monat Zeit gehabt, um die Anträge für eine Vielzahl an OPS zu stellen.

Das wiederum führte zu einem Aufschrei bei den Krankenhäusern. Daraufhin hat der MDS die Antragsfrist, für die von Krankenhäusern zu stellenden Anträge auf OPS-Strukturprüfungen – in seinem Schreiben an die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. vom 14. Juni 2021 – bis zum 15. August 2021 verlängert.

2. Welche Frist gilt denn nun?

Grundsätzlich wurde die Antragsfrist daher vom MDS um sechs Wochen bis zum 15. August verlängert, dennoch bestehen folgende Unsicherheiten, wenn man sich auf die verlängerte Frist zum 15. August 2021 verlässt:

2.1. Fristgerechte Bearbeitung und Erhalt der Bescheinigung bis zum 31.12.2021

Zum einen führt der MDS an, dass Anträge, die bis zum 30. Juni 2021 eingehen, gemäß der Richtlinie zeitgerecht bearbeitet werden und die Vorlage der Bescheinigung daher in der Regel bis zum 31. Dezember 2021 erfolgen kann.

Bei Anträgen, die bis zum 15. August 2021 eingehen, behält sich der MD vor, die Prüfung bis Ende des Jahres 2021 bzw. Anfang 2022 abzuschließen, so dass eine Bescheinigung ggf. auch erst Anfang oder Mitte des Jahres 2022 vorgelegt werden kann. So könnten gerade am Anfang des Jahres 2022 Unsicherheiten bei der Abrechnung der OPS-Kodes entstehen – auch wenn der MD bei Abschluss der Prüfung im Jahre 2022 die Bescheinigung mit Rückwirkung zum 01. Januar 2022 ausstellen würde. Denn ohne die Bestätigung können die Leistungen nicht abgerechnet werden.

2.2. Anpassung der Richtlinie bei der nächsten Überarbeitung

Zum anderen wird die Richtlinie erst bei der nächsten Überarbeitung Ende 2021 an das Schreiben des MDS vom 14. Juni 2021 angepasst, so dass die Möglichkeit der Antragsverlängerung erst dann rechtlich abgebildet wird. Bis dahin handelt es sich um eine „Kulanzregelung“ des MDS.

Ungewiss bleibt weiter, ob die Möglichkeit der Inanspruchnahme der verlängerten Frist jedem Krankenhaus offen steht oder diese an Voraussetzungen geknüpft wird, die die Krankenhäuser nachträglich erfüllen müssen. Denn im letzten Abschnitt des Schreiben des MDS wird darauf hingewiesen, dass eine Antragstellung erst zum 15. August 2021 nur von besonders belasteten Krankenhäusern in Anspruch genommen werden soll. Was unter diesem unbestimmten Begriff der „besonders belasteten Krankenhäuser“ zu verstehen ist, kann jedoch aus dem Schreiben nicht entnommen werden. Es wird sich erst bei Streitigkeiten im Nachhinein herauskristallisieren, was der MDS damit gemeint hat. Hierdurch entsteht eine erhebliche Unsicherheit für Krankenhäuser.

2.3. Fazit

Daher empfehlen wir aus anwaltlicher Sicht die Einreichung der Anträge möglichst bis zum 30. Juni 2021, da das Gesetz in § 275d Abs. 4 SGB V ausdrücklich festlegt, dass Krankenhäuser, die die strukturellen Voraussetzungen nicht erfüllen, die Leistungen weder vereinbaren noch abrechnen können. Nur für den Fall, dass Krankenhäusern die Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale aus von Ihnen nicht zu vertretenden Gründen erst nach dem 31. Dezember 2021 vorliegt, können diese Krankenhäuser bis zum Abschluss einer Strukturprüfung bislang erbrachte Leistungen weiterhin vereinbaren und abrechnen. Im Fall von Verzögerungen des MD – bei Anträgen, die bis zum 30. Juni 2021 eingegangen sind – wird das Krankenhaus daher durch diese Übergangsregelung geschützt. Während man bei einer Ausnutzung der Frist bis zum 15. August 2021 vermutlich eher davon ausgehen muss, dass ein seitens des Krankenhauses zu vertretener Grund im Sinne des § 275d Abs. 4 SGB V vorliegt. Denn in der Gesetzesbegründung lässt sich diesbezüglich folgende Passage finden:

„Eine sehr späte Beauftragung des MD durch das Krankenhaus mit der Durchführung einer Strukturprüfung im Verlauf des Jahres 2020, die einen fristgerechten Abschluss der Prüfung nicht erwarten lässt, kann jedoch dazu führen, dass das Ergebnis der Prüfung aus von dem Krankenhaus zu vertretenden Gründen nicht vorliegt.“

(BT-Drs. 19/14871, S. 106)

Demnach könnte bei einer Einreichung der Antragsunterlagen nach dem 30. Juni 2021 dem Krankenhaus entgegen gehalten werden, dass das Ergebnis der Prüfung aus von dem Krankenhaus zu vertretenen Gründen nicht vorliegt und somit die Leistungen zunächst – bis die Bescheinigung bei dem jeweiligen Krankenhaus eingeht – weder vereinbart noch abgerechnet werden können. Diese Folge sollte durch rechtzeitige Einreichung der Anträge vermieden werden.

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