Videotherapie in der Physiotherapie

Rechtlicher Rahmen
Rechtlich betrachtet, basiert die Videotherapie auf Vereinbarungen zwischen den Leistungserbringerverbänden und der GKV, die detailliert festlegen, welche Leistungen in dieser Form erbracht werden dürfen, welche technischen und organisatorischen Standards einzuhalten sind und wie die Abrechnung erfolgt. Zulässig sind unter anderem Krankengymnastik im Einzel- oder Gruppensetting, Krankengymnastik bei Mukoviszidose, KG-ZNS nach Bobath oder PNF sowie – in begrenztem Umfang – manuelle Therapie. Dabei ist vorgeschrieben, dass die erste Behandlung eines neuen Verordnungsfalls grundsätzlich in Präsenz stattfindet, bevor auf Videotherapie umgestellt werden kann.
Für die Durchführung gelten klare räumliche Vorgaben: Die Behandlung muss in den von der GKV zugelassenen Praxisräumen stattfinden, das Arbeiten im Homeoffice ist ausgeschlossen. Außerdem sollte der behandelnde Therapeut den Fall sowohl in Präsenz als auch in der Videotherapie kontinuierlich betreuen. Auf Patientenseite ist Voraussetzung, dass die Person körperlich und psychisch in der Lage ist, die Behandlung per Video zu absolvieren, und über ausreichende Medienkompetenz verfügt. Bei Kindern oder pflegebedürftigen Personen muss während der Behandlung eine Betreuungsperson im Raum sein oder vorab ein erreichbarer Ansprechpartner benannt werden.
Technische Standards und Qualitätssicherung
Technisch und datenschutzrechtlich bestehen hohe Anforderungen. Erlaubt ist ausschließlich die Nutzung zertifizierter Videodienstanbieter, die auf der vom GKV-Spitzenverband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung geführten Liste verzeichnet sind. Diese Anbieter müssen nach Anlage 31b des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) Anforderungen an Datenschutz, Informationssicherheit und funktionale Aspekte erfüllen. Die Verbindung muss stabil sein, die Behandlung in einem geschützten Raum mit angemessener Privatsphäre stattfinden und in Echtzeit erfolgen – Aufzeichnungen oder asynchrone Inhalte sind unzulässig.
Vor Beginn der Videotherapie ist eine schriftliche Einwilligung der Patientin oder des Patienten erforderlich. Diese setzt eine umfassende Aufklärung über Art und Ablauf der Behandlung, die eingesetzte Software, die datenschutzrechtlichen Aspekte sowie das bestehende Recht auf eine Behandlung in Präsenz voraus. Die Einwilligung wird in der Patientenakte dokumentiert. Sowohl Patient als auch Therapeut können die Einwilligung jederzeit widerrufen; in diesem Fall ist die Behandlung in Präsenz fortzuführen.
Bei telemedizinischen Heilmittelverordnungen wird im Unterschriftsfeld auf der Rückseite stets das Kürzel „TM“ vermerkt. Die Bestätigung der Behandlung durch die Versicherten kann dabei auf verschiedenen Wegen erfolgen: entweder digital oder per Fax nach der Videotherapie, durch einen vom Videodienstanbieter ausgestellten PDF-Nachweis, oder auch nachträglich durch eine Unterschrift auf der Verordnung, beispielsweise im Rahmen eines späteren Präsenztermins zur Bestätigung bereits per Video erbrachter Leistungen.
Finanzierung
Seit dem 1. Januar 2025 besteht zudem die Möglichkeit, für die Durchführung von Videotherapie Förderpauschalen bei der GKV zu beantragen. Die Hardware-Pauschale in Höhe von 950 Euro pro Jahr kann für die Jahre 2025 bis 2027 beantragt werden und dient der Anschaffung sowie Wartung geeigneter Geräte wie Tablets, Laptops oder Webcams. Die Software-Pauschale beträgt 300 Euro jährlich und ist bis einschließlich 2028 verfügbar, jedoch nur für zertifizierte Softwarelösungen. Voraussetzung ist, dass im jeweiligen Antragsjahr mindestens eine telemedizinische Leistung im Rahmen der GKV erbracht und abgerechnet wurde und entsprechende Rechnungsbelege vorliegen. Die Beantragung erfolgt über das GKV-Antragsportal, die Auszahlung quartalsweise durch den GKV-Spitzenverband.
Die Videotherapie eröffnet Physiotherapiepraxen neue Möglichkeiten, Patienten flexibel, ortsunabhängig und dennoch persönlich zu betreuen – insbesondere solche, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder persönliche Kontakte aus gesundheitlichen Gründen reduzieren müssen. Gleichzeitig ist sie rechtlich und technisch anspruchsvoll, weshalb Praxen die gesetzlichen Rahmenbedingungen, Dokumentationspflichten und Datenschutzanforderungen konsequent umsetzen müssen. Wer diese Vorgaben erfüllt, kann die Videotherapie rechtssicher anbieten und zugleich von den neuen Fördermöglichkeiten profitieren.