Probleme bei der Anpassung der Gehälter auf Tarifniveau in der außerklinischen Intensivpflege

Was ist bei Vergütungsverhandlungen zu beachten?

Bekanntlich schließen Leistungserbringer der außerklinischen Intensivpflege mit den Krankenkassen (derzeit noch einzeln, zukünftig mit den Krankenkassen gemeinsam und einheitlich) Verträge über die Leistungserbringung, in denen dann auch die Vergütung geregelt wird. Gemäß. § 132l Abs. 5 S. 2 SGB V n.F.(§ 132a Abs. 4 Satz 7 SGB V a. F) kann dabei die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht als unwirtschaftlich durch die Krankenkassen abgelehnt werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Leistungserbringer berechtigt sind Gehälter bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen an ihre Mitarbeiter zu zahlen und dies durch die Krankenkasse refinanziert werden muss.

Viele Intensivpflegedienste überlegen sich daher - auch aufgrund der angespannten Personalsituation auf dem Arbeitsmarkt - ihre Gehälter entweder deutlich an das Tarifniveau anzugleichen oder insgesamt sich einem Tarif anzuschließen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in vielen Tarifen die Zuschläge (z.B. für Nachtdienste) deutlich niedriger sind, als dies bislang in der außerklinischen Intensivpflege üblich ist. Hier wurden bislang häufig alle rechtlich zulässigen und häufig auch steuerlich vergünstigten Regelungen zur Auszahlung von möglichst hohen Zuschlägen für die Durchführung von Nachtdiensten ausgeschöpft, um so Mitarbeiter für diese Tätigkeit zu gewinnen. Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass der Pflegedienst die vollständige Orientierung an einen Tarif (z.B. TVöD) für unattraktiv hält, da dadurch vorrangig die Grundgehälter steigen würden, jedoch das Instrument der hohen Zuschläge deutlich weniger greifen würde. Auch ist bei einer festen Bindung an einen Tarif zu bedenken, dass hiermit dann immer auch die Steigerung des Tariflohnes nachzuvollziehen wäre, unabhängig davon, ob bereits eine Steigerung der Refinanzierung durch die Krankenkassen gewährleistet ist.

Verhandlungstaktisch gibt es verschiedene Möglichkeiten: Einerseits kann versucht werden, die bislang bestehende Schere zwischen den aktuell ausgezahlten Gehältern und dem Tarifniveau durch mehrfache Steigerungen, die über die Grundlohnsummensteigerung hinausgehen, auszugleichen. Dass eine Steigerung über die Grundlohnsummensteigerung hinaus möglich ist, hat der Gesetzgeber gesetzlich klargestellt („insoweit gilt § 71 SGB V nicht“). Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, das Tarifniveau in einem Schritt umzusetzen entweder durch Übernahme eines Tarifwerkes, durch Anlehnung an einen Tarif oder durch Erstellung eines Haustarifes. In diesen Fällen fordern die Krankenkassen dann häufig einen Nachweis der tatsächlichen Umsetzung und Bezahlung der an den Tarif angelehnten Gehälter. Hierbei stellt sich jedoch das Problem, dass immer wieder nicht mit allen Krankenkassen gleichzeitig Vergütungsverhandlungen geführt werden können, sodass häufig die Problematik besteht, zu welchem Zeitpunkt eine Anlehnung an Tariflöhne tatsächlich umgesetzt werden kann und damit dann auch der Nachweis gegenüber den Krankenkassen geführt werden kann. Dieses Problem ist in den Vergütungsverhandlungen zu thematisieren, da andernfalls eine mit Stichtag versehene Nachweisklausel gegebenenfalls nicht erfüllt werden könnte.

An dieser Problemstellung wird sich vermutlich erst etwas ändern, wenn die Krankenkassen - wie im IPReG vorgesehen - gemeinsam und einheitlich mit den Leistungserbringern verhandeln (§ 132l Abs. 5 SGB V). Diese Verträge sollen zukünftig auf Landesebene als Kollektivverträge durch die Landesverbände der Krankenkassen bzw. dem Verband der Ersatzkassen nach gleichen Maßstäben und mit gleichen Rahmenbedingungen geschlossen werden.

Allerdings gelten die Verträge nach § 132a Abs.4 SGB V solange fort, bis sie durch Verträge nach § 132l Abs. 5 und 6 SGB V (nach IPReG) abgelöst werden können. Das Gesetz sieht hier folgende Reihenfolge vor:

  • Innerhalb von 12 Monaten nach Verkündung des Gesetzes beschließt der gemeinsame Bundesausschuss Richtlinien, in denen neben den personellen und strukturellen Anforderungen auch Grundsätze der Vergütung, Vergütungsverhandlungen und Nachweise geregelt werden.
  • Innerhalb von weiteren 12 Monaten werden dann Rahmenempfehlungen auf Bundesebene beschlossen, in denen diese Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses umgesetzt werden.
  • Die Altverträge nach § 132a Abs. 4 SGB V gelten weiter fort, längstens jedoch für 12 Monate nach Vereinbarung der Rahmenempfehlungen.

Aus dieser gesetzlichen Systematik ist zu schließen, dass die gemeinsamen und einheitlichen Verhandlungen der Krankenkassen nach den Vorgaben der Rahmenempfehlungen spätestens in 2 Jahren nach Verkündung des Gesetzes, also spätestens im Oktober 2022 aufgenommen werden können, da erst dann den Krankenkassen die Vorgaben aus den GBA-Richtlinien und der neuen Rahmenempfehlung zu den Vergütungen, Vergütungsverhandlungen und Nachweisen vorliegen. Bis dahin bewegen wir uns weiterhin im bisherigen Regelungsregime des § 132a Abs. 4 SGB V mit der dargestellten Problemlage.

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