Die Unwirksamkeit von Spenden und sonstigen Zuwendungen an Heimträger und Mitarbeiter nach dem sogenannten heimrechtlichen „Zuwendungsverbot“

Was müssen Heimträger bei Spenden, Vermächtnissen oder sonstigen Zuwendungen von Heimbewohnern und Angehörigen beachten?

Gemäß § 16 WTPG ist es in Baden-Württemberg „dem Träger einer stationären Einrichtung und dem Anbieter einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft untersagt, sich von oder zu Gunsten von Bewohnern oder Bewerbern um einen Platz in stationären Einrichtungen oder ambulant betreuten Wohngemeinschaften Geldleistungen oder geldwerte Leistungen über das vereinbarte oder zu vereinbarende Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen“. Die heimrechtlichen Vorschriften der anderen Bundesländer enthalten nahezu identische Regelungen.

Spenden oder sonstige Geldzuwendungen, die ein Heimträger oder dessen Mitarbeiter von Heimbewohnern oder deren Angehörigen erhalten, sind nach diesem sogenannten „Zuwendungsverbot“ grundsätzlich unwirksam und können vom Heimbewohner selbst oder - was in der Praxis häufig geschieht - von dessen Erben später zurückgefordert werden. Darüberhinaus stellen verbotswidrige Zuwendungsversprechen eine Ordnungswidrigkeit dar und können in Baden-Württemberg nach § 27 WTPG mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 25.000 EUR geahndet werden. Aus einem Verstoß gegen das heimrechtliche Zuwendungsverbot können insoweit durchaus gravierende Rechtsfolgen resultieren.

Im Folgenden sollen einige praxisrelevante Fragen und dringend zu beachtende Besonderheiten im Zusammenhang mit diesem Zuwendungsverbot erörtert werden.

Schutzzweck des heimrechtlichen Zuwendungsverbotes: Warum sind Zuwendungen von Bewohnern und Angehörigen an den Heimträger und dessen Mitarbeiter verboten?

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das heimrechtliche Zuwendungsverbot in erster Linie die Heimbewohner und den sogenannten „Heimfrieden“ schützen. Insbesondere werden folgende Schutzzwecke mit dem gesetzlichen Verbot verfolgt:
  • Vermeidung einer bevorzugenden oder benachteiligenden Behandlung einzelner Heimbewohner („Schutz des Heimfriedens“);
  • Schutz der Heimbewohner vor finanzieller und wirtschaftlicher Ausbeutung oder Benachteiligung, insbesondere vor Abgeltung bereits bezahlter Leistungen des Heimträgers;
  • Schutz der Testierfreiheit der Heimbewohner;

Welche Zuwendungen unterliegen dem Zuwendungsverbot?

Das heimrechtliche Zuwendungsverbot umfasst unentgeltliche Zuwendungen aller Art wie beispielsweise Sach- und Geldspenden, Schenkungen oder Zustiftungen unter Lebenden sowie auch alle letztwilligen (testamentarischen) Verfügungen wie Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und auch Erbverträge. Vom Zuwendungsverbot nicht umfasst sind hingegen testamentarische Zuwendungen, von denen weder Heimträger noch Mitarbeiter des Heimträgers zu Lebzeiten des Heimbewohners Kenntnis hatten.

Vom Verbot ausgenommen sind weiterhin geringfügige Zuwendungen, die Beträge zwischen 25,00 EUR im Einzelfall oder von insgesamt 100,00 EUR jährlich nicht überschreiten.

Das gesetzliche Verbot wirkt bereits auf das Zuwendungsversprechen des Heimbewohners. Demnach ist bereits die Erklärung des Heimbewohners, dass er dem Heimträger etwas zukommen lassen möchte, bei einem Verstoß gegen das Zuwendungsverbot von Anfang an unwirksam.

Vom Zuwendungsverbot umfasster Kreis der Zuwendenden: von welchen Personen dürfen sich Heimträger keine Zuwendungen „versprechen“ lassen?

Das heimrechtliche Zuwendungsverbot umfasst nicht nur die Zuwendungsversprechen der Heimbewohner selbst, sondern auch Zuwendungsversprechen Dritter, wenn die Zuwendung “zu Gunsten„ eines Bewohners erfolgt. Bei nahen Angehörigen eines Heimbewohners liegt eine solche Verbindung zu dem jeweiligen Heimbewohner nahe, weshalb von der Rechtsprechung im Regelfall von einem Zuwendungsverbot ausgegangen wird. Darüber hinaus sind auch Zuwendungen von nicht nahestehenden Personen an einen Heimträger verboten, wenn diese ausdrücklich zu Gunsten eines Heimbewohners erfolgen. Entscheidend ist insoweit, dass ein bestimmter Bewohner namentlich oder sonst erkennbar beim Zuwendungsversprechen benannt wird.

Soweit allerdings eine Zuwendung unterschiedslos allen Heimbewohnern gleichermaßen zugutekommen soll, greift das Zuwendungsverbot nicht. Dies ist insbesondere bei anonymen Spendensammlungen der Fall oder bei Zuwendungen von außenstehenden Dritten, ohne dass eine Verbindung zu einem bestimmten Heimbewohner erkennbar wird.

Vom Zuwendungsverbot umfasster Empfängerkreis: Welche Personen dürfen sich keine Spenden oder sonstigen Zuwendungen von Heimbewohnern oder deren Angehörige versprechen lassen?

Das Zuwendungsverbot umfasst Zuwendungsversprechen an den Heimträger selbst sowie an alle Mitarbeiter und Organmitglieder.

Um mögliche Umgehungen des Zuwendungsverbotes zu verhindern, dehnt die Rechtsprechung das heimrechtliche Zuwendungsverbot über diesen Empfängerkreis hinaus aber auch auf Zuwendungen an weitere Rechtsträger aus, wenn diese Rechtsträger in einer erkennbaren Verbindung zum Heimträger stehen. Eine entsprechende Anwendung des heimrechtlichen Zuwendungsverbots hat die Rechtsprechung bereits in folgenden Fällen bejaht:

  • Zuwendung an die Alleingesellschafter des in der Rechtsform GmbH organisierten Heimträgers;
  • Zuwendung an eine Förderstiftung bei Bestehen einer personellen Verflechtung zwischen Förderstiftung und Heimträger;
  • Zuwendung an Förderstiftung bei „zusammengehörigen“ Auftritt von Förderstiftung und Heimträger in der Öffentlichkeit (keine personelle Verflechtung!)
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung sind Zuwendungen an Förderstiftungen oder -vereine keineswegs rechtssicher, selbst wenn personelle oder rechtliche Verflechtung zwischen Heimträger und Förderkörperschaft nicht festzustellen ist.

Gibt es die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung vom Zuwendungsverbot bei der Heimaufsichtsbehörde zu beantragen?

Das Zuwendungsverbot kann für einzelne Zuwendungsversprechen durch eine Ausnahmegenehmigung der Heimaufsichtsbehörde nach § 16 Abs. 5 WTPG aufgehoben werden. Eine generelle Ausnahmegenehmigung für eine Vielzahl von Zuwendungsversprechen ist allerdings nicht möglich. Die heimaufsichtsbehördliche Genehmigung einer beabsichtigten Zuwendung an den Heimträger kann sowohl der Heimträger als auch der Zuwendende selbst beantragen. Die Heimaufsicht hat im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu prüfen, ob die beabsichtigte Zuwendung dem Schutzzweck des Zuwendungsverbots nicht zuwider läuft. Insbesondere muss die Heimaufsicht zu der Überzeugung gelangen, dass mit der Spende keine Bevorzugung eines bestimmten Heimbewohners beabsichtigt wird und dass die finanziellen Verhältnisse des Heimbewohners nicht überschritten sind. Weiterhin hat die Heimaufsichtsbehörde sicherzustellen, dass mit der Spende keine Leistungen des Heimträgers .erkauft. werden sollen, die ohnehin aufgrund des Heimvertrages schon geschuldet sind. Derjenige, der den Antrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung stellt, ist daher auch gehalten, die zur angeführten, zur Prüfung notwendigen Angaben mitzuteilen. Der Gesetzgeber hat der Heimaufsichtsbehörde im Rahmen dieser Prüfung einen recht weiten Ermessensspielraum eingeräumt. Insoweit kommt es letztlich auf die konkreten Umstände im Einzelfall an, ob eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden kann.

Wann muss die Ausnahmegenehmigung beantragt werden?

Das Zuwendungsverbot wirkt zeitlich vorausgehend. Alle Zuwendungsversprechen, die dem Zuwendungsverbot unterliegen sind daher unheilbar nichtig, wenn nicht zuvor eine Ausnahmegenehmigung der Heimaufsicht nach § 16 Abs. 5 WTPG erteilt wurde. Nach der Gesetzesbegründung kann nur eine vorherige Überprüfung der Absichten des Heimbewohners durch die Heimaufsicht sicherstellen, dass die Zuwendungen an den Heimträger oder dessen Bedienstete unbedenklich im Sinne des Heimrechts sind. Die Ausnahmegenehmigung muss daher schon vorliegen, bevor der Heimbewohner oder Angehörige das Zuwendungsversprechen abgibt. Demgegenüber wird u. a. auch von einigen Heimaufsichtsbehörden teilweise empfohlen, eine Zuwendung unter dem Vorbehalt der heimaufsichtsbehördlichen Genehmigung anzunehmen und vorübergehend auf ein Treuhandkonto einzuzahlen, und erst im Anschluss die Genehmigung zu beantragen. Diese Verfahrensweise würde nach der Gesetzessystematik des heimrechtlichen Zuwendungsverbotes jedoch zwingend zur Nichtigkeit der Zuwendung führen und würde auch durch die nachträglich erteilte Ausnahmegenehmigung nicht mehr geheilt werden. Schließlich setzt nach den geltenden zivilrechtlichen Regeln auch die Annahme einer Zuwendung .unter Vorbehalt" voraus, dass ein wirksames Zuwendungsversprechen bereits abgegeben wurde. Eine nachträgliche Genehmigung des in diesem Zeitpunkt bereits abgegebenen Zuwendungsversprechens ist dann nicht mehr möglich. Formulierungen im Genehmigungsantrag wie .Annahme unter Vorbehalt. würden darauf schließen lassen, dass ein verbindliches Zuwendungsversprechen bereits vorliegt. Im Genehmigungsantrag muss daher stets klargestellt werden, dass es sich um einen noch nicht verbindlichen Zuwendungswunsch bzw. eine bloße Zuwendungsabsicht des Heimbewohners handelt. Andernfalls drohen in einem späteren zivilgerichtlichen Verfahren die Feststellung der Nichtigkeit der Zuwendung und die Verurteilung zur Rückzahlung der empfangenen Zuwendung.

Zusammenfassung und Empfehlungen für die Praxis

Der Anwendungsbereich des heimrechtlichen Zuwendungsverbotes ist sehr weitreichend und erfasst eine Vielzahl von möglichen Zuwendungen zwischen Heimbewohnern und diesen nahestehenden Personen auf der einen Seite sowie Heimträgern, deren Bediensteten und weiteren zuzuordnenden Rechtsträgern auf der anderen Seite. Aufgrund der nur schwer zu überschauenden Reichweite des Zuwendungsverbotes im Einzelfall und der zwingenden Nichtigkeitsfolge ohne Heilungsmöglichkeit ist . insbesondere bei größeren Zuwendungen . die rechtssichere Durchführung des heimaufsichtsrechtlichen Genehmigungsverfahrens von entscheidender Bedeutung. Hinzu kommt die drohende Ahndung als Ordnungswidrigkeit mit Verhängung einer Geldbuße in Höhe von bis zu 25.000 EUR. Heimträgern ist daher zu empfehlen, für nicht geringfügige Zuwendungsversprechen einheitliche Prüfungs- und Verfahrensrichtlinien sowie rechtssichere Standards für das heimaufsichtsbehördliche Genehmigungsverfahren zu implementieren.
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